InfoWar Ukraine: Der Separatist, das Stofftier und der blinde Fleck

UKR_MH17_toy-1_20140718

Dass der Informationskrieg um Ereignisse in der Ukraine und deren Deutungshoheit in vollem Gange ist, ist keine neue Erkenntnis. Dass es dabei auch im Westen zumindest blinde Flecke der Wahrnehmung gibt, wird oft ausgeblendet – deshalb (verspätet) ein notwendiger Hinweis auf solche Probleme auch hierzulande: Das Bild eines pro-russischen Separatisten, der an der Absturzstelle des – höchstwahrscheinlich abgeschossenen – Malaysia Airlines-Fluges MH17 ein Stofftier aus den Trümmern hochhält, ging um die Welt. In der Regel als Beleg dafür, wie skrupellos sich die Separatisten an dieser Absturzstelle aufführen.

Ein Blick auf die ganze Sequenz am 18. Juli verändert diese Wahrnehmung – hier ein (russisches) Video von diesem Ereignis, ab 1:10 wird es interessant:

 

Vorsorglich noch ein Screenshot der interessanten Stelle (man weiß ja nie, wie lange solche Videos abrufbar bleiben). Der schwerbewaffnete Milizionär legt das Stofftier behutsam wieder ab und bekreuzigt sich.

UKR_MH17_toy-2_20140718

Nun sagen diese Bilder nichts darüber aus, dass die Separatisten die OSZE-Beobachtermission an der Absturzstelle behindert haben; sie sagen nichts über das Verhalten der pro-russischen Gruppen, und schon gar nichts sagen sie über die Verantwortung für den Abschuss von MH 17.

Da ich keinen Zugang zu den Original-Newsstreams der großen Nachrichtenagenturen habe (in diesem Fall vor allem AP; AFP und Reuters),  kann ich nicht beurteilen, ob die das zweite Bild ebenfalls verbreitet haben – und ob es eben von den Redakteuren nicht verwendet wurde.

Dennoch: Dass die Bilder des sich bekreuzigenden Milizionärs, die das Geschehen in ein anderes Licht rücken, im Westen praktisch nicht publiziert wurden, sagt etwas über die Wahrnehmung des Konflikts in der Ost-Ukraine aus. Und darüber, dass auch auf westlicher Seite nicht das ganze Bild im Fokus steht.

Um den erwartbaren Vorwürfen vorzubeugen: Nein, das ist kein Beleg für gleichgeschaltete Massenmedien in NATO und EU – dafür ist, das ist ein Unterschied zu Russland, die Medienlandschaft hier viel zu heterogen. Aber es zeigt, welchen Gefahren auch wir Journalisten mit unserer Sicht der Ereignisse ausgesetzt sind.

In russischen Medien war das natürlich schon längst ein Thema, zum Beispiel beim – staatlich finanzierten – russischen Sender Russia Today.

Es gibt übrigens auch ein Video, in dem der russische O-Ton mit englischen Untertiteln versehen ist:

(Vorsorglich der Hinweis: die Authentizität des Videos kann ich nicht überprüfen; es sieht allerdings nicht so aus, als wäre das manipuliert. Sollte es andere Hinweise geben, bitte Info.)

(Screenshots aus dem verlinkten Youtube-Video von icorpus.ru)