Lagebeobachtung Ukraine – Situation der entführten Militärbeobachter 2. Mai

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Da die Ereignisse in der Ost-Ukraine angesichts der ukrainischen Militäroperation bei Sloviansk  ein wenig unübersichtlich werden, hier mal zusammengefasst, was zum Thema der entführten Militärbeobachter am (heutigen) Freitag bekannt wurde:

• Bundesverteidigungsministerin von der Leyen hat sich in einem Statement besorgt geäußert, allerdings auch mitgeteilt, dass es zumindest am Freitagmorgen direkten Kontakt zu den Entführten gab. Ihre Äußerungen, die um 13.50 Uhr vom Verteidigungsministerium verbreitet wurden:

Die jüngste Entwicklung in der Region Slawjansk ist sehr bedenklich. Ich bin in großer Sorge um die in Slawjansk festgehaltenen OSZE-Inspekteure. Dasselbe gilt für meine Kollegen, die Verteidigungsminster aus Polen, Dänemark und Tschechien, die ebenfalls für festgesetzte Mitarbeiter in der Ukraine Verantwortung tragen. Wir stehen seit einer Woche im engen telefonischen Kontakt und tauschen untereinander täglich Informationen aus. Der Zustand der festgehaltenen Inspekteure war nach dem, was man aktuell weiß, heute Morgen noch den Umständen entsprechend gut. Doch die Lage ist durch die jüngste Eskalation nicht einfacher geworden. Der Krisenstab beim Auswärtigen Amt und die von deutscher Seite unterstützte Mission der OSZE vor Ort leisten eine gute Arbeit. Wir hoffen, dass diese intensiven Bemühungen jetzt keinen Rückschlag erleiden. Alle Beteiligten sollten jetzt zu einer Situation beitragen, in der Gespräche über eine baldige Freilassung Erfolg haben können.

Der Wortlaut des Statements lässt zumindest offen, ob auch deutsche Vertreter direkt an den Verhandlungen über eine Freilassung beteiligt sind (… die von deutscher Seite unterstützte Mission der OSZE vor Ort leisten eine gute Arbeit). Zuvor hatte das Auswärtige Amt lediglich mitgeteilt, dass es Kontakt zu den Entführten gebe, aber keine Einzelheiten wissen lassen.*

• Schon am Morgen hatte der selbst ernannte Bürgermeister von Sloviansk erklärt, die Geiseln befänden sich nicht (mehr)  in der umkämpften Zone:

 

 

• und nach Angaben des dänischen Verteidigungsministeriums sind die Entführten zwar weiterhin gefangen, aber dennoch in Sicherheit (hier die Google-Übersetzung des dänischen Textes).

Der Rest bleibt unklar – insbesondere, ob die Verhandlungen über eine Freilassung ungeachtet der ukrainischen Operation weiterlaufen.

• Jetzt meldet die ARD-Kollegin Golineh Atai, dass laut russischer Nachrichtenagentur RIA Novosti die Verhandlungen über die Freilassung vorerst eingestellt worden seien:

Die zu Grunde liegende RIA-Meldung hier; die (leicht geglättete) Google-Übersetzung:

Slavyansk, 2. Mai – RIA Novosti.  Die Militäroperation in Slovyansk verhindert Verhandlungen für die Freilassung von ausländischen Beobachtern, erfuhr RIA Novosti  von Volksbürgermeister Vyacheslav Ponomarev.
„Es gab Verhandlungen über den Austausch von Gefangenen mit unseren Führern, aber die Militäroperation ruiniert alles“, sagte der Agentur Gesprächspartner.
Allerdings lehnte er ab, zu sagen, wo sich die Beobachter aufhielten.  „Diese Informationen können nicht offen gelegt werden“, sagte er und fügte hinzu, dass sie „letzten Nacht in Slovyansk waren“.

• Und am Abend:

 

 

 

* als Nachtrag: Die tatsächliche Aussage in der Bundespressekonferenz war natürlich weitaus umfangreicher; hier der Wortlaut von der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Wirtz und Sebastian Fischer vom Auswärtigen Amt:

Frage: Frau Wirtz, liegen der Bundesregierung irgendwelche Hinweise vor, dass die OSZE-Beobachter in Sicherheit sind? Ich meine die heutigen Ereignisse in Slawjansk.
SRS’in Wirtz: Wie meinen Sie das, dass sie in Sicherheit sind?
Zusatzfrage: Heute gab es Unruhen. Die ukrainische Armee hat die Gebäude, die von den Separatisten besetzt worden sind, gestürmt. Es gibt keine Informationen darüber, ob die OSZE-Beobachter in Sicherheit sind. Gibt es irgendwelche Informationen darüber, was mit diesen Beobachtern passiert?
SRS’in Wirtz: Grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, dass die Bundesregierung natürlich nach wie vor sorgenvoll auf die Situation der OSZE-Beobachter sieht. Es wird nach wie vor mit Nachdruck daran gearbeitet, sie aus dieser Situation zu befreien. Zu der konkreten Situation, wie sie sich vor Ort in der Ostukraine darstellt, verweise ich an meinen Kollegen.
Fischer: Ich kann nur unterstreichen, was die Regierungssprecherin gerade gesagt hat. Ich bitte auch um Ihr Verständnis, dass ich in der aktuell äußerst schwierigen Situation nicht viel sagen kann.
Lassen Sie mich so viel sagen, dass es heute bereits einen Kontakt zu dem OSZE-Team gab. Aber Sie wissen: Es ist ein sensibles Thema. Es entwickelt sich, und von daher würde ich es dabei belassen wollen.
Frage: Herr Fischer, können Sie dennoch sagen, wer den Kontakt heute hatte? War es die OSZE, war es das Auswärtige Amt oder wer auch immer?
Fischer: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich den Stand dieser vertraulichen und schwierigen Verhandlungen nicht kommentieren kann. Ganz grundsätzlich führt die OSZE die Verhandlungen. Wir flankieren diese natürlich außenpolitisch, wie auch der Außenminister heute Morgen mit seiner Reise nach Genf deutlich gemacht hat, wo er den OSZE-Vorsitzenden und Schweizer Bundespräsidenten Burkhalter getroffen hat und mit ihm über das Engagement der OSZE in der Ukraine beraten hat.
Eines der ganz wichtigen Themen dieses Gesprächs waren natürlich auch die gemeinsamen intensiven Bemühungen der OSZE und der Bundesregierung, die festgehaltenen Militärbeobachter der OSZE so bald wie möglich freizubekommen. Ein weiteres Thema des Gesprächs war die Unterstützung der Bemühungen der OSZE bei einer Deeskalation der Lage in der Ukraine.
Aber das wird der Außenminister Ihnen heute gegen 12.30 Uhr auch selber mitteilen können, wenn er seine Pressekonferenz mit Lady Ashton, die heute auch aus diesem Grund nach Berlin kommt, abhalten wird.
Frage: Herr Fischer, nur damit ich Sie richtig verstanden habe: Der Kontakt, von dem Sie gerade gesprochen haben, war der erste unmittelbare Kontakt von deutschen Regierungsstellen mit der festgesetzten OSEZ-Beobachtergruppe seit ihrer Festsetzung?
Fischer: Ich weiß nicht, ob ich mich missverständlich ausgedrückt habe. Ich habe gesagt: Es hat heute einen Kontakt gegeben. Und ich habe nicht gesagt, von welcher Seite er kam. Ich habe allerdings hinzugefügt, dass die OSZE die Verhandlungen führt.
Zusatzfrage: Deswegen habe ich ja auch gefragt.
Fischer: Genau. Aber, wie gesagt, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich Ihnen in der derzeitigen Situation nicht mehr dazu sagen kann.

(Foto: Krisenstab des Auswärtigen Amtes am 2.5.2014, geleitet von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Links neben Steinmeier Staatssekretär Markus Ederer; rechts neben dem Minister Generalleutnant Markus Kneip, Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im Verteidigungsministerium, und Jens Flosdorff, Sprecher des Verteidigungsministeriums – Foto ©Auswärtiges Amt mit freundlicher Genehmigung)