Aufräumen in Afghanistan: Das KSK schießt am liebsten auf Tanklaster

PRT Kundus

(Fast) alles muss raus aus Afghanistan, und vielleicht gehört das hier in die Rubrik Unnützes Faktenwissen: Bei ausgesondertem Wehrmaterial der Bundeswehr am Hindukusch ist die Verwertung durch Beschuss eine beliebte Art, überflüssiges, überaltertes und defektes Gerät noch mal sinnvoll zu nutzen. Bei einem Blick in die von der Bundeswehr veröffentlichte Nachweisliste Verwertung für das aufgegebene Feldlager Kundus fällt auf, wer es wie nutzt: Die Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) schießen offensichtlich am liebsten auf Tanklaster. Für die Task Force 47, also den vom KSK gestellten Spezialkräfte-Verband, listet die Übersicht bei der Verwertung durch Beschuss fast nur Tankwagen auf. Obwohl das größte Feuerwerk vermutlich die Kampfmittelaufklärer der Pionierkompanie hinbekommen haben, die verwerteten nämlich auf diese Weise gleich eine ganze Tankanlage für 4.600 Liter.

Das Zielschießen auf Tanklaster und andere ausgemusterte Fahrzeuge in der afghanischen Wüste ist allerdings nicht der Grund, warum der Umgang der Truppe mit den Unmengen von Material im Einsatz am Hindukusch ins Gerede gekommen ist. Zahlreiche Soldaten beklagen sich seit Monaten, dass auch noch nutzbare Ausrüstung geschreddert wird oder in Flammen aufgeht.  Bei meinem Truppenbesuch in Afghanistan Ende Oktober haben mir Soldatinnen und Soldaten berichtet, dass beim Abzug aus dem Feldlager Kundus in großem Umfang gebrauchsfähiges Material zerstört worden sei, zitierte die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) am (gestrigen) Freitag den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus. Schon im August hatte es auf abgeordnetenwatch.de eine Anfrage an die CSU-Parlamentarierin Gerda Hasselfeldt nach der Vernichtungspraxis gegeben. Die Antwort der Abgeordneten, offensichtlich in Abstimmung mit dem Verteidigungsministerium: Da dienstlich bereitgestellte Bekleidung und persönliche Ausrüstung im Zuge der Verwertung aus Sicherheitsaspekten in Afghanistan grundsätzlich nicht verkauft oder unentgeltlich abgegeben wird, bedeutet Verwertung von Bekleidung und persönlicher Ausrüstung im Einsatzland immer deren Vernichtung. Dieses geschieht im Regelfall durch Verbrennen.

Nun scheint es, darauf deuten Bericht und Anfrage hin, in etlichen Fällen gut erhaltenes Material zu geben, dass noch gebraucht werden könnte, aber dennoch vernichtet wird. Die Bundeswehr selbst versuchte in dieser Woche zu erklären, warum das bisweilen unumgänglich sei. Und verwies auch auf praktische Erfahrungen mit der Abgabe noch nutzbarer Ausrüstung an Soldaten, die die Empfänger nicht in gutem Licht erscheinen lässt:

Bei einzelnen ausgesonderten Artikeln, beispielsweise bei Schlafsäcken, Rücksäcken und Digitaluhren, aber auch bei GPS-Geräten vom Typ Garmin, bestand zeitweise für Soldaten die Möglichkeit zum Kauf. Diese Möglichkeit musste im Februar 2013 eingestellt werden, nachdem einzelne Soldaten versucht hatten, gekaufte minderwertige Artikel bei den Materialausgabestellen in neuere, höherwertige Artikel gleicher Art umzutauschen. Dies ist nicht zulässig. Schlafsäcke und Rücksäcke wurden hierauf nach Deutschland zurückgeschickt. Digitaluhren sowie GPS-Geräte wurden verschrottet.

Das Verteidigungsministerium habe, so heißt es in der SZ, bis Anfang Dezember eine Klärung der von Soldaten erhobenen Vorwürfe zugesagt. In der veröffentlichen Excel-Tabelle mit ihren 1.277 Positionen, von der Säge, Bügel zum Neupreis von 4,52 Euro über den Toilettencontainer Afghanische Bauart ohne Preisangabe bis zum Tank-Lkw für 350.000 Euro neu (der von der TF47 verwertet wurde)  finden sich übrigens keine Rucksäcke.

(Foto: Aufräumen in Kundus kurz vor der Übergabe im Oktober 2013 – ©Thomas Trutschel/photothek.net)