Aus Spargründen: Aus für die deutsch-französische Brigade?

Das freundliche Händeschütteln zwischen Verteidigungsminister Thomas de Maizière und seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian vor gut einem Jahr (Foto oben) könnte ein wenig täuschen: Die deutsch-französische Brigade, von beiden Ländern immer als Leuchtturmprojekt ihrer militärischen Zusammenarbeit gelobt, scheint vor dem Aus zu stehen – aus Spargründen. Zwar stellt Paris nicht die Brigade als solche infrage. Doch auch in Frankreich führen Sparzwänge zu Standortschließungen und Auflösung von Einheiten, und dazu könnte auch die letzte noch in Deutschland stationierte französische Einheit gehören.

Über die Überlegungen hatte vor einer Woche bereits der Bloggerkollege Dominique Merchet berichtet. Jetzt kommt das französische Blatt Le Figaro mit etwas konkreteren Angaben zur Auflösung des 110. Régiment d’Infanterie in Donaueschingen (hier die Google-Übersetzung). Bestätigt ist das nach wie vor nicht. Die Zeitung zitiert allerdings einen nicht genannten französischen Offizier mit den Worten: Eine Auflösung des 110. Regiments wäre praktisch eine Auflösung der Deutsch-Französischen Brigade.

Dabei hatte die Bundeswehr erst Ende 2010 einen deutschen Kampfverband auf französischem Territorium als Teil der Brigade in Dienst gestellt, das Jägerbataillon 291. Und noch Ende September hatten die Stadt Donaueschingen einen Vertrag unterzeichnet, der den beiden dort stationierten Truppenteilen, dem deutschen Jägerbataillon 292 und dem französischen 110. Régiment d’Infanterie, zusätzliches Übungsgelände am Standort sichert – bis 2029. Ein Abzug der Franzosen wäre deshalb nicht nur ein vermutlicher schwerer Schlag für die Deutsch-Franzöische Brigade, sondern auch ein Problem für das Stationierungskonzept der Bundeswehr.

Offiziell hat sich von deutscher Regierungsseite noch niemand zu diesem Thema geäußert; der CDU-Verteidigungspolitiker Bernd Siebert meldete sich allerdings heute als erster deutscher Politiker dazu zu Wort:

Die Überlegungen in Frankreich, eine Einheit der deutsch-französischen Brigade aufzulösen, sind besorgniserregend. Die deutsch-französische Brigade ist seit 1987 Ausdruck gelebter Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Dieses politische Vermächtnis von Mitterand und Kohl darf nicht aufgrund von Sparanstrengungen in Zweifel gezogen werden.
Erst Ende 2010 wurde mit der erstmaligen Stationierung einer deutschen Bundeswehreinheit in Frankreich die militärische Zusammenarbeit auf eine neue Ebene gehoben. Es wäre daher ein besonders fatales Signal, wenn jetzt ein so erfolgreiches Projekt europäischer Freundschaft aufgrund von kurzfristigen Sparüberlegungen in Frage gestellt würde.
Deutschland steht zu den getroffenen Absprachen und betont die große Bedeutung der deutsch-französischen Brigade als wichtiges Element von europäischer Kooperation in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Nachtrag: ein Kollege von der Schwäbischen Zeitung, Regionalchef des Blattes für die Region, weist mich darauf hin, dass dort schon seit dem Sommer über eine Schließung des französischen Regiments gesprochen wird. In Berlin kommt so was immer etwas später an ;-) Die Auflösung des 110. RI würde den Abzug von fast 900 Soldaten und 100 zivilen Verwaltungsangehörigen bedeuten, außerdem den Wegzug von rund 1.500 Familienangehörigen. Das deutsche Jägerbataillon 292 hat rund 700 Soldaten – und die Kaserne in Donaueschingen ist auf 2.000 Frauen und Männer ausgelegt. Neben dem Projekt Deutsch-Französische Brigade wäre also bei Umsetzung der französischen Pläne vermutlich auch die deutsche Stationierungsplanung direkt betroffen.

Nachtrag 2: Einer Pressemitteilung vom verteidigungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, vom 11. Oktober entnehme ich, dass es doch nicht nach Auflösung des 110.RI aussieht?

Das französische Verteidigungsministerium hat gestern zugesichert, dass das 110. Infanterieregiment vom geplanten Umbau der Streitkräfte nicht betroffen sei. Wir erwarten von unseren französischen Freunden, dass diesen Worten auch Taten folgen werden.

(Foto: Bundeswehr/Kazda via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)