Die Kanzlerin in Afghanistan

Knapp eine Woche nach dem Tod eines deutschen Soldaten in Afghanistan sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Thomas de Maizière zu einem Blitzbesuch an den Hindukusch gereist. Sie landeten am frühen Freitagmorgen in Masar-i-Scharif und flogen anschließend nach Kundus weiter. Dort gedachte Merkel im Ehrenhain des Feldlagers der deutschen Soldaten, die in Afghanistan gefallen sind, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die Kanzlerin und der Minister trafen auch mit Kameraden des gefallenen KSK-Soldaten zusammen und sprachen mit dem Kommandosoldaten, der bei dem Gefecht verwundet wurde.

Die Ansprache der Kanzlerin in Kundus (

der O-Ton stammt von der Webseite des Ministeriums     
, steht allerdings dort nur zum download, deshalb hier im Player – incl. der Tonprobleme zu Beginn):

Merkel_Kundus_10mai2013.mp3     

 

Und zum Nachlesen; wg. der Tonprobleme fehlen am Anfang ein paar Stellen:

Ansprache von Bundeskanzlerin Merkel vor Bundeswehrsoldaten in Kundus

(Anfang fehlt) …, dass wir uns freuen, heute wieder einmal bei Ihnen zu sein. Bei meinem letzten Besuch in Afghanistan konnte ich aus Witterungsgründen leider nicht nach Kundus kommen. Umso mehr bin ich zufrieden, dass ich es heute … (kurzer Tonaussetzer) für die Arbeit, die Sie hier leisten, für den Dienst, den wir leisten.
Als wir eben aus dem Hubschrauber gestiegen sind, sind wir an einigen Kolonnen vorbeigegangen, die sich bereits mit einer neuen Etappe dessen befassen, was hier stattfindet, nämlich dass bis Ende des Jahres – oder besser wahrscheinlich schon etwas früher – die Bundeswehr Kundus räumen wird. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Dienst in der verbleibenden Zeit genauso gefährlich ist, genauso aufmerksam durchgeführt werden muss, wie das in all den Jahren zuvor war.
Wir waren eben am Ehrenhain und haben noch einmal derer gedacht, die ihr Leben lassen mussten, und haben an die Hinterbliebenen gedacht. Da ist mir natürlich wieder bewusst geworden, dass Sie Ihren Dienst nicht einfach durch Pflichterfüllung, sondern auch unter großen, großen Risiken tun. Wir mussten gerade vor wenigen Tagen erleben, dass ein Kamerad aus den Spezialkräften sein Leben lassen musste. Seiner haben wir natürlich in besonderer Weise gedacht.
Ich bin heute auch hier, um mich kundig zu machen, wie Ihr Aufgabenspektrum jetzt aussieht. Deshalb hoffe ich auch, dass wir mit einigen noch etwas Gelegenheit zum Gespräch haben. Ich darf Ihnen sagen, dass wir die Dinge politisch begleiten. Die Tatsache, dass das Auswärtige Amt hier präsent ist, und die Tatsache, dass hier viele Nichtregierungsorganisationen tätig sind, zeigt ja, dass wir immer Wert darauf gelegt haben, hier einen integrierten Ansatz zu fahren und die Last nicht allein auf Ihren Schultern zu lassen.
Sie haben sehr viel gemeinsam zu tun mit den trainierten und ausgebildeten afghanischen Kräften. Ich glaube, dass es da viele Fortschritte gibt, dass es aber durchaus noch eine ganze Reihe von Fragen gibt, über die man nicht hinwegsehen kann. Das heißt, es wird dann auch sehr darauf ankommen, dass die ausgebildeten afghanischen Kräfte wirklich die Verantwortung so übernehmen, dass das, was wir hier an Sicherung angefangen haben, auch nachhaltig gesichert werden kann. Wir werden dies auch in unseren politischen Gesprächen immer sehr, sehr deutlich machen.
Wir haben uns als Bundesregierung – auch in Absprache mit dem Parlament – bereits verpflichtet und werden uns Vorstellungen dazu machen – unter bestimmten Konditionen natürlich, etwa der Kondition, dass andere auch mitmachen -, unseren Auftrag hier so weiterzuführen, dass daraus eine nachhaltige Lösung auch für die Menschen, die hier vor Ort wohnen, entstehen kann. Dazu werden noch Gespräche geführt. Ich glaube aber, die Bundeswehr hat hier im gesamten Gebiet gezeigt, wie die internationale Kooperation gut funktionieren kann und dass Kameradschaft über Landesgrenzen hinweg im Rahmen des ISAF-Einsatzes nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch gelebt wird. Ich glaube, viele von Ihnen haben das auch in ganz praktischen Fällen bereits erlebt – gerade auch in der Kooperation mit den amerikanischen Partnern, aber auch mit vielen anderen, insbesondere auch in Masar-i-Sharif.
Wir werden ein Auge darauf haben, dass der politische Prozess hier vorangeht. Die Präsidentschaftswahlen müssen vorbereitet werden und viele Aufgaben – der Aufbau der Wirtschaft, die Menschen müssen Hoffnung bekommen – sind zu lösen. All das vollzieht sich zum Teil mühselig, zum Teil etwas langsamer, als wir uns das wünschen, aber es ist unabdingbar dafür, dass der militärische Einsatz nicht ein Solitär, also nicht alleine stehen bleibt, sondern dass er wirklich Erfolg hat. Ich sage einmal: An der Dauer, bis zum Beispiel der Flughafen in Masar-i-Sharif auch in seiner zivilen Komponente in Betrieb genommen wird, kann man ja sagen, was für Prozesse dabei zu bewältigen sind. Nun wissen wir selbst aus Deutschland, dass bei uns auch manchmal etwas länger dauert, als wir dachten; insofern müssen wir da auch ein bisschen vorsichtig sein. Wir werden die politischen Gespräche aber immer wieder suchen, um die Dinge auch voranzubringen.
Die Aufgabe, die jetzt neben dem täglichen Dienst vor Ihnen steht, nämlich die Logistik des Abzugs, ist eine sehr große. Wenn man einmal gesehen hat, was ein Konvoi bedeutet und wie lange das dauert – ich bin in weniger als einer Stunde im Hubschrauber von Masar-i-Sharif nach Kundus gekommen; die Kameraden müssen jetzt acht Stunden auf der Straße verbringen -, und wenn man sieht, wie viele tausende Container hier abzutransportieren sind, dann sieht man, dass das sicherlich eine große Aufgabe ist, die auch nur mit vielen Partnern zusammen zu gewährleisten ist.
Ganz wichtig ist natürlich – ich habe eine entsprechende Frage gestellt, und die ist mir auch beantwortet worden -, dass sozusagen der letzte oder die letzten, die hier abziehen, so abziehen, dass sie auch noch vollkommen gesichert sind. Die Bundeswehr arbeitet hier aber mit bereits großer Erfahrung und mit großer Präzision. Da will ich auch einen Dank an all die sagen, die das von zu Hause aus mit begleiten; denn da steckt ja sehr viel logistische Arbeit dahinter.
Ich freue mich jetzt auf Gespräche mit Ihnen direkt – jetzt stehe ich hier ja mit meinem Mikrofon. Ich sage noch einmal ein ganz, ganz herzliches Dankeschön, auch im Namen von sehr, sehr vielen Menschen, die an Sie denken! Ich glaube, gerade um die Weihnachtszeit spüren Sie doch immer wieder, dass inzwischen auch durch die breiten Diskussionen im Deutschen Bundestag, durch die breite Rückendeckung aus dem Parlament, um die wir uns auch als Regierung immer wieder bemühen, viele, viele Menschen mit den Gedanken bei Ihnen sind. Ich bitte Sie natürlich auch, Ihre Familien zu grüßen. Zur Weihnachtszeit empfange ich immer einige Familienangehörige, die es natürlich alles andere als einfach haben, wenn Sie so viele Monate weg sind. Insofern auch einen Gruß an Ihre Frauen, an Ihre Eltern, an Ihre Kinder oder – falls weibliche Soldaten dabei sind – auch an die Freunde und Männer – wie auch immer, an die Angehörigen.
Herzlichen Dank, dass wir hier sein können! Ich schaue jetzt einmal, dass ich noch ein bisschen etwas im Detail höre.

Inzwischen sind Merkel und de Maizière bereits wieder auf dem Rückweg nach Deutschland.

Nachtrag:
Die Bundeswehr-YouTube-Berichterstattung (Während die meisten Soldaten noch schlafen… ist die Kanzlerin schon unterwegs):

 

(Foto: Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)