Frankreichs Streitkräfte: Weniger Geld, nicht weniger Anspruch

Französisch müsste man können. Ich gestehe offen, dass meine Kenntnisse dieser Sprache nicht ausreichen, das am (gestrigen) Montag veröffentliche neue französische Weißbuch (Livre blanc) wirklich würdigen zu können. Der Berichterstattung entnehme ich allerdings, dass die Streitkräfte des Nachbarlandes trotz allen Spardrucks ihren weltweiten Anspruch keineswegs aufzugeben gedenken:

Die französischen Streitkräfte müssen den Gürtel enger schnallen, doch die Luft geht ihnen in den kommenden Jahren nicht aus, und ihre Bewegungsfreiheit soll schon gar nicht eingeschränkt werden, im Gegenteil. Das am Montag in Paris vorgestellte Weissbuch zur Verteidigungspolitik steht zu einer ambitiösen Machtprojektion der Republik und hält insbesondere an der nuklearen Abschreckung sowie an Kapazitäten zur Ergreifung der Initiative im Ausland fest. Der Zwang zum Sparen führt indessen dazu, dass der Anteil des Verteidigungshaushalts am Bruttoinlandprodukt von 1,56 auf 1,50 Prozent schmilzt.

berichtet die Neue Zürcher Zeitung.

Wenn die BIP-Berechnung so zutrifft, dann wirtschaften die Franzosen beim konventionellen Teil ihrer Streitkräfte extrem gut. Denn die künftig 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts klingen zwar nach mehr als der Anteil des deutschen Verteidigungshaushalts (der nach meiner Erinnerung immer so bei 1,3 Prozent liegt) – aber darin sind sowohl die nukleare Abschreckung, die force de frappe, als auch die Gendarmerie enthalten. Faktisch dürfte also die Ausgabe für die französische Armee, Luftwaffe und Marine unterhalb des deutschen Ansatzes liegen.

Ich lese und würdige dieses Weißbuch gerne – wenn es denn mal auf Englisch (oder vielleicht sogar auf Deutsch) vorliegt – ja, das ist mein Makel… Aber vielleicht bekommt einer meiner Leser so etwas in die Hände?

Nachtrag: die deutsche Zusammenfassung der französischen Botschaft in Berlin:

Das französische Weißbuch der Verteidigung und nationalen Sicherheit – Eckpunkte –

Das neue Weißbuch der Verteidigung und nationalen Sicherheit wurde heute von Staatspräsident François Hollande gebilligt. Nach dem Weißbuch 2008 beinhaltet das neue strategische Dokument die Einschätzungen Frankreichs zu den heutigen Sicherheitsbedrohungen und listet die Mittel auf, die künftig für die Verteidigung und die Sicherheit des Landes eingesetzt werden müssen.
Der erste Entwurf des Weißbuchs wurde von einer Kommission vorbereitet, der zum ersten Mal ein Deutscher und ein Brite angehörten. Das Dokument zeichnet eine langfristige Perspektive (ca. 15 Jahre). Die nationale Sicherheitsstrategie Frankreichs soll dennoch auch künftig alle fünf Jahre überprüft werden.
Auf der Grundlage einer Analyse des strategischen Umfelds Frankreichs und Europas legt das neue Weißbuch fünf Prioritäten der französischen Sicherheitspolitik fest: Schutz, Abschreckung, Einsatzfähigkeit, Aufklärung und Prävention.
In dieser Hinsicht kommen die Verfasser des Weißbuchs zu folgenden Schlussfolgerungen:
– Die Sicherheit Frankreichs ist mit der Sicherheit seiner europäischen Partner eng verknüpft. Das Weißbuch hebt besonders die deutsch- französische Partnerschaft seit dem Elysée-Vertrag hervor und ruft zu weiteren deutsch-französischen Fortschritten im Sicherheitsbereich auf. Europa muss künftig – wie auch von Washington erwartet – mehr für die eigene Sicherheit tun und sich neue Ziele für seine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik setzen;
– die Verteidigungs- und Sicherheitshaushalte müssen der seit 2008 bestehenden internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise Rechnung tragen und zu deren Überwindung beitragen. Gleichzeitig muss sich Frankreich jedoch die Fähigkeiten bewahren, das eigene Staatsgebiet sowie die Interessen Frankreichs und seiner Partner zu schützen. Infolgedessen sollen die Verteidigungsausgaben Frankreichs für die Zeit von 2014 bis 2025 laut Weißbuch 364 Mrd. € betragen. Davon sollen für den Zeitraum 2014-2019 179 Mrd. € bereitgestellt werden. Damit bleibt das Verteidigungsetat auf dem jetzigen Niveau;
– die zunehmende Bedrohung im Cyber-Bereich und die weiterhin hohe Terrorgefahr erfordern, dass den Mitteln für die Cyber-Verteidigung und die Aufklärung besondere Priorität eingeräumt wird;
– die Verknüpfung zwischen innerer und äußerer Sicherheit, die bereits im Weißbuch 2008 festgehalten wurde, bleibt die Grundlage der Sicherheitsstrategie Frankreichs;
–    die Rolle Frankreichs als Vollmitglied einer starken, einsatzfähigen und effizienten NATO wird bestätigt. Die Komplementarität von NATO und EU muss gestärkt werden.
Auf der Grundlage des Weißbuchs wird der Entwurf für ein militärisches Planungsgesetz vorbereitet, der voraussichtlich im Herbst 2013 dem Parlament vorgelegt wird./.
Französische Botschaft – 29.04.13

(Foto: Französische Rafale-Kampfjets in der malischen Hauptstadt Bamako – Französische Luftwaffe/EMA)