Zulassungsprobleme: Der EuroHawk entschwebt

Und da sind sie wieder, die Zulassungsprobleme bei der größten Drohne der Bundeswehr: Der EuroHawk, ein unbemanntes Luftfahhrzeug in der Größe eines zivilen Airliners, wird angesichts der enormen Kosten für eine luftverkehrsrechtliche Zulassung in Deutschland und Europa wohl kaum als Serienmodell in die Streitkräfte eingeführt. Auf dieses Problem hatte ich Ende Januar schon mal hingewiesen. Jetzt, so berichtet der Tagesschau-Kollege Christian Thiels, werden die Kosten konkreter – und die deuten darauf hin, dass aus der geplanten EuroHawk-Flotte der Luftwaffe nichts wird: Rund 500 Millionen Euro zusätzlich (!) könnte es kosten, die Drohnen, die zur elektronischen Aufklärung ausgerüstet sind, in den europäischen Luftraum zu bringen.

In dem Bericht bei tagesschau.de heißt es unter Berufung auf einen Brief des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium Thomas Kossendey an den SPD-Abgeordneten Hans-Peter Bartels:

In Kossendeys Brief, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, ist von „nicht unerheblichen Mehrkosten“ die Rede, die notwendig seien, um überhaupt eine luftverkehrsrechtliche Zulassung für den Betrieb des unbemannten Aufklärungsflugzeuges zu erhalten. Experten rechnen mit bis zu 500 Millionen Euro Mehrkosten.

Bislang verfügt die Bundeswehr über einen EuroHawk, der als Full Scale Demonstrator nachweisen soll, dass die Aufklärungstechnik funktioniert – die wurde von der EADS-Tochter Cassidian entwickelt und in das eigentliche Fluggerät eingebaut, das von Northrop Gruman kommt und bei den Amerikanern als GlobalHawk im Einsatz ist. Teil des Nachweises ist aber auch die Genehmigung, im zivilen Luftraum über Europa zu fliegen und eben nicht nur in zeitweise gesperrten Flugzonen. Dafür muss unter anderem nachgewiesen werden, dass es Systeme und Möglichkeiten gibt, einen Zusammenstoß mit anderen Flugzeugen zu vermeiden – es ist ja kein Pilot an Bord, der eine Maschine auf Kolissionskurs erkennen und ausweichen könnte.

Das ist allerdings nur ein Teil des Problems. Ein weiterer ist, dass die US-Streitkräfte das System auch nicht mehr so wie geplant nutzen wollen. Und damit könnte langfristig die Ersatzteilversorgung schwierig werden.

Aus Kossendeys Brief:

Derzeit wird abschließend geprüft, ob eine Beschaffung der Serie EURO HAWK vor dem Hintergrund der Zulassungsproblematik zu rechtfertigen ist. Weiterhin ist auch die wirtschaftliche Versorgung über eine längere Nutzungszeit unter Abstützung auf die GLOBAL HAWK Familie der US Air Force in Frage zu stellen, nachdem die US Air Force die geplante Beschaffung weiterer GLOBAL HAWK eingestellt hat und der langfristige Betrieb dieser stark reduzierten Flotte in den USA sehr kritisch betrachtet wird.

Und das ist noch nicht das Ende der Probleme. Denn Deutschland wollte den EuroHawk nicht nur in der SIGINT-(Signals Intelligence)Version als Ersatz für das ausgemusterte (bemannte) Flugzeug Breguet Atlantic beschafften, sondern darüber hinaus auch in einer Version für die optische Aufklärung (IMINT, Image Intelligence) als Beitrag zum geplanten Alliance Ground Surveillance System (AGS) der NATO. Mittlerweile haben die Deutschen der NATO nur gesagt, dass sie was zur Verfügung stellen, reden aber nicht mehr vom EuroHawk:

Es war ursrpünglich geplant, EURO HAWK in einer IMINT Version als deutsche Beistellung zu AGS zu beschaffen. Dies ist bereits im Jahr 2010 dahingehend relativiert worden, dass ein deutscher Beitrag im Fähigkeitsspektrum – ohne Systemspezifikation – gestellt werden sollte. (…)
Das Bundesministerium der Verteidigung erarbeitet zurzeit konzeptionelle Entwicklungslinien, um erforderliche Maßnahmen zur Anpassung des Leistungsprofils der Bundeswehr mit politischen Vorgaben und finanziellen Rahmenbedingungen zu verknüpfen. Dabei werden neben nationalen planerischen Zielen auch die durch NATO und EU erhobenen, konkreten Planungsziele zu einzelnen Bereichen berücksichtigt. Hierzu zählen, mit langfristigem Zeithorizont und ohne Systemspezifikation, auch mögliche nationale Beistellungen zu NATO AGS. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen.

heißt es in dem Kossendey-Brief.

Unterm Strich: Sieht nicht so gut aus für den EuroHawk. Auch wenn die Erprobung formal noch läuft, scheint eine Empfehlung für die Beschaffung der Serie von neun Stück für den nationalen SIGINT-Bedarf angesichts dieser Kosten nicht ganz in Reichweite zu liegen.

Übrigens, die andere von tagesschau.de erwähnte Geschichte, es werde wohl vor der Bundestagswahl keine Beschaffungsentscheidung über bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr geben, dürfte die nicht überraschen, die die Aussagen von Luftwaffeninspekteur Karl Müllner genau angehört haben.

(Foto: Der EuroHawk beim ersten Testflug im Januar 2013 in Manching – Foto EADS)