Bewaffneter Schutz vor Piraten auf Schiffen unter deutscher Flagge? Bisschen später.

Die Angriffe somalischer Piraten auf Handelsschiffe im Golf von Aden, dem Indischen Ozean und bis hoch ins Arabische Meer sind in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen. Das ist für alle Seeleute eine gute Nachricht, vor allem aber für deutsche Reeder. Denn die gesetzliche Regelung für den Einsatz von bewaffneten Sicherheitskräften auf Schiffen unter deutscher Flagge, im Juli 2011 vom zuständigen Parlamentarischen Staatssekretär angekündigt, lässt nun doch noch ein wenig auf sich warten – damit bleibt ein Anheuern privater Wachmannschaften auf diesen Frachtern und Tankern zwar weiterhin legal, aber ungeregelt. Mit allen rechtlichen Problemen.

Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul, Mitglied im Verteidigungsausschuss, machte heute auf die Verschiebung aufmerksam:

Im Dezember hat die Koalition den Einsatz privater Sicherheitskräfte auf Schiffen noch gesetzlich regulieren wollen. Eine Verordnung der Bundesregierung sollte der Tätigkeit von Sicherheitsunternehmen auf See klare Grenzen setzen.
Bis heute haben es die beteiligten Ministerien nicht geschafft, diese Verordnung auf den Weg zu bringen. Nun legt die Bundesregierung freiwillig eine Ehrenrunde ein, indem sie heute im Wirtschaftsausschuss heimlich, still und leise  das Inkrafttreten des Gesetzes und damit der Zulassungspflicht für private Sicherheitsunternehmen auf Schiffen um ein halbes Jahr auf Januar 2014 verschiebt.
Damit bestätigen sich unsere Bedenken gegen das Gesetz, das zwar viele Ankündigungen, aber wenig Substanz enthält. Die wichtige Frage, wie Sicherheitsunternehmen nachweisen sollen, dass sie zum Schutz gegen Piraten zuverlässiges und geeignetes Personal bereit stellen, wollte die Bundesregierung nicht im Gesetz sondern in einer Verordnung festlegen.
Wir fordern eine Neuordnung der Gewerbeordnung, die klare Regeln für alle Sicherheitsunternehmen und ihr Personal vorsehen muss. Gründung und Betrieb eines Sicherheitsunternehmens dürfen nicht an weniger Regeln gebunden sein, als eine Schankerlaubnis.
Wie unangenehm dies der Regierung selbst ist, zeigt das Verfahren: den Aufschub der Zulassungspflicht fügten die Koalitionsfraktionen dem sachfremden Dienstleistungskonjunkturstatistikgesetz an -über einen Änderungsantrag als neuen Artikel an. Sie will offensichtlich das niemand die Peinlichkeit bemerkt. Das spricht für sich.

So schnell geht das halt nicht mit der Zertifizierung der privaten Sicherheitsunternehmen (die im übrigen kaum aus Deutschland kommen dürften). Aber das macht ja nichts, weil weniger Piratenangriffe, oder?

Nicht ganz: Was den Rückgang des Geschäfts der Seeräuber letztlich verursacht hat, kann zwar keiner sagen, aber die seit Jahren anhaltenden Patrouillen der Kriegsschiffe von EU, NATO, einer US-geführen Koalition und anderen Ländern wie Russland und China dürften ebenso dazu beigetragen haben wie die zunehmende Zahl der bewaffneten privaten Sicherheitsteams auf vielen Handelsschiffen.

Und, ungeachtet der abnehmenden Zahl: Die Gefahr besteht ja weiterhin. Nach Wochen ohne Zwischenfälle hat erst am (gestrigen) Montag  die niederländische Fregatte De Ruyter zwei Skiffs mutmaßlicher Piraten gestoppt. Die neun Männer, die bei Annäherung des Bordhubschraubers Gegenstände ins Meer warfen (eine gängige Praxis, um keine Waffen und anderes Belastungsmaterial für eine Strafverfolgung zu bieten), wurden auf der Fregatte in Gewahrsam genommen.

(Foto: EUNAVFOR)