Zurück in die Tube

Zum Vorgang um den Wehrbeauftragten und den auf sein Verlangen gelöschten Deutschlandradio-Kommentar hat eigentlich Sascha Stoltenow vom Bendlerblog das Nötige gesagt (bei ihm gibt’s diesen Kommentar auch zum  Nachlesen, plus Link zur Tondatei), Spiegel Online hat das Thema ebenso aufgegriffen wie der Medien-Branchendienst Meedia (nachdem die Bild-Zeitung heute darüber berichtet hatte). Mich haben  etliche Leser heute gefragt, ob ich dieses Thema auch aufgreife… und ich habe als Journalist natürlich eine Meinung dazu.

Kurzes Gedankenspiel: Stellen wir uns vor, in den Tagesthemen hätte ein ARD-Kommentator die Bundeskanzlerin heftig wegen ihres Umgangs mit der Euro-Krise beschimpft und ihre Arbeit mit der bestimmter Reichskanzler in der Weimarer Republik verglichen. Und Regierungssprecher Steffen Seibert hätte nicht in erster Linie öffentlich widersprochen, sondern in einem Brief an die ARD-Gewaltigen gefordert, den – bereits ausgestrahlten – Kommentar aus dem Internetangebot der Öffentlich-Rechtlichen zu löschen. Video und Text.

Das mediale Echo darauf wäre, nun, entsprechend. Hier haben wir es ein paar Nummern kleiner, aber der Mechanismus ist der Gleiche.

Nun kann man darüber streiten, ob die harschen Töne des Kollegen Klaus Pokatzky über den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus und dessen Kritik am Ort des Gelöbnisses zum 20. Juli berechtigt oder überzogen waren. Man kann sogar der Meinung sein, dass der Kommentar den Wehrbeauftragten unzulässig als Person in den Senkel gestellt hat. Alles denkbar.

Aber eines geht nicht: einen bereits ausgestrahlten Kommentar nachträglich vom Erdboden verschwinden lassen zu wollen. Ungefähr so, als würde man nach dem Abdruck eines nicht genehmen Kommentars in einer Zeitung die Archivexemplare schreddern lassen, damit ja nichts davon der Nachwelt erhalten bleibt. Dass, wie Spiegel Online berichtet, der Intendant die nachträgliche Löschung mit den Worten verteidigt Ein nicht stringent argumentierter Kommentar, obwohl der Meinungsbeitrag große Freiheit gestattet, sollte im Deutschlandradio weder gesendet noch im Internet veröffentlicht werden. Dass der kritisierte Wehrbeauftragte sich beschwert, hat die Entscheidung des Chefredakteurs nicht beeinflusst, ist eine lahme Ausrede. Denn der Kommentar war ja gesendet worden. Die Löschung hinterher ist wie der Versuch, die Zahnpasta in die Tube zurückzudrücken. Das Ergebnis ist entsprechend.