Jetzt amtlich: Staatsanwaltschaft Kempten zuständig für Auslandseinsätze

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei möglichen Straftaten deutscher Soldaten im Auslandseinsatz werden nun bei einer zentralen Staatsanwaltschaft gebündelt. Das Bundeskabinett beschloss heute den Gesetzentwurf, der diese Aufgabe – wie bereits erwartet – der Staatsanwaltschaft Kempten im Allgäu zuweist. Aus der Mitteilung des Bundesjustizministeriums zum Entwurf des Gesetzes für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr:

Bei den jetzt bundesweit zuständigen Richtern und Staatsanwälten wird Erfahrung gebündelt. In Zukunft werden bei Straftaten von Soldaten nur noch die Juristen entscheiden, die sich mit den speziellen Abläufen von Auslandseinsätzen und Auslandsermittlungen auskennen. Durch die neue Regelung werden langwierige Zuständigkeitsprobleme beendet.
Kempten ist hervorragend geeignet, die in den neuen Gerichtsstand gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Dort sitzt schon heute die bayerische Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die bislang aber nur bayernweit zuständig ist für Straftaten, die Soldaten im Auslandseinsatz zur Last gelegt werden. Die bayerischen Spezialisten werden ihre Erfahrungen bundesweit einbringen.
Zum Hintergrund: Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unterliegen auch bei besonderer Auslandsverwendung (§ 62 Absatz 1 des Soldatengesetzes) dem deutschen Strafrecht, das gemäß § 1a Absatz 2 des Wehrstrafgesetzes für Straftaten gilt, die von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr während eines dienstlichen Aufenthalts oder in Beziehung auf den Dienst im Ausland begangen werden.
Für entsprechende Sachverhalte besteht derzeit kein besonderer Gerichtsstand. Dies führte bisher dazu, dass nach den allgemeinen Gerichtsstandsregelungen der Strafprozessordnung Gerichte und Staatsanwaltschaften an verschiedenen Orten für solche Verfahren zuständig sein können. Das kann zu Zuständigkeitsproblemen führen mit der Folge, dass sich Verfahren verzögern. Mit dem neuen besonderen Gerichtsstand wird diesen Problemen begegnet.
Die Kenntnisse der militärischen Abläufe und Strukturen, der rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der Auslandsverwendung, die für die Bearbeitung der Verfahren notwendig sind, können durch einen besonderen Gerichtsstand und eine zentral zuständige Staatsanwaltschaft eher gewährleistet werden. Diese Spezialkenntnisse tragen zudem zu einer zügigen Bearbeitung bei.
Der vorliegende Gesetzentwurf begründet deshalb für Kempten einen besonderen Gerichtsstand für Straftaten, die von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in besonderer Auslandsverwendung begangen wurden, jedoch keine Wehrstrafgerichtsbarkeit. Hieraus leitet sich auch die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Kempten aus § 143 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes ab.
Grund für die örtliche Wahl des Gerichtsstandes Kempten ist, dass die Staatsanwaltschaft Kempten bereits jetzt als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Bereich des Freistaates Bayern für die Verfolgung solcher Straftaten zuständig ist. Bei der Justiz in Kempten sind die erforderlichen Erfahrungen bereits vorhanden. Diese Erfahrungen werden bei der nun vorgesehenen Ausdehnung der örtlichen Zuständigkeit auf das gesamte Bundesgebiet von Nutzen sein.

Die Festlegung einer solchen zentralen Staatsanwaltschaft ist immer wieder gefordert worden – nicht zuletzt vom Bundeswehrverband.

Und ein Hinweis: Vermutlich wird es jetzt auch Stimmen geben, die sich darüber empören, dass überhaupt ein deutscher Soldat im Auslandseinsatz Ziel staatsanwaltlicher Ermittlungen werden kann. Natürlich muss das sein – auch im Einsatz muss im Zweifel geklärt werden, ob zum Beispiel tödliche Schüsse zu recht abgegeben wurden. Ermittlungen sind ja auch keine Verurteilung; und es gab bislang genügend Fälle, in denen zwar Ermittlungen aufgenommen, dann aber eingestellt wurden.

Nachtrag: Für Kenner und Juristen hier der Wortlaut des heute vom Kabinett gebilligten Gesetzentwurfs: GesE_Gerichtsstand_Bundeswehr