Freiwillig dienen, Steuern zahlen

Das Verhältnis zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium ist ja schon von der Anlage her nie spannungsfrei. Und in jüngster Zeit eher noch schwieriger, wie der Streit um das Reformbegleitgesetz für die Bundeswehr gezeigt hat. Da wirkt es noch weiter wie ein Anheizen der Situation, was die DuMont-Medien (Kölner Stadtanzeiger, Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung)* heute berichten: Die Freiwillig Wehrdienst Leistenden, ebenso die Teilnehmer am neuen Bundesfreiwilligendienst, sollen doch bitte künftig ihre Einkünfte versteuern. Bislang ist dieser Dienst nämlich steuerfrei, was den Sold angeht.

Nun kann man natürlich die Ansicht vertreten, so ein bis zu 23 Monate dauernder freiwilliger Dienst sei wie ein normaler Beruf, die Einkünfte daraus normales Einkommen und damit natürlich steuerpflichtig. Mal abgesehen davon, dass die Zahlungen an die Kurzzeit-Soldat deutlich höher liegen als die an die Bufdis (im Bundesfreiwilligendienst): Es kommt natürlich nicht gut, Engagement für die Gemeinschaft mit oder ohne Uniform anzumahnen (nach dem Motto der Reservistenverbands-Kampagne Tu was für Dein Land), das dann aber gleich mit der Steuerpflicht zu verbinden. Selbst wenn das formal völlig in der Logik der Steuergesetzgebung liegt.

Vielleicht muss da das Parlament auch beim Jahressteuergesetz nachbessern. So was scheint ja jetzt in Mode zu kommen.

*Anmerkung: Angesichts der Diskussion um ein Leistungsschutzrecht für Verleger sehe ich bis auf weiteres davon ab, Berichte in deutschen Printmedien zu verlinken.

Nachtrag: Die Aussagen des beteiligten Ministerien dazu heute in der Bundespressekonferenz:

VORS. DR. MAYNTZ: Dann kommen wir zum nächsten Thema, der Freiwilligenbesteuerung. Dazu könnte uns zunächst einmal das Familienministerium etwas sagen.

LAUBINGER: Vielleicht will das BMF zuerst etwas sagen.

STS SEIBERT: Vielleicht sage ich zuerst etwas, und dann gibt es von rechts und von links noch zustimmende Äußerungen. Ich will nur kurz daran erinnern, dass die Wehrpflicht im vergangenen Jahr ausgesetzt und durch den freiwilligen Wehrdienst ersetzt wurde. Die Bezüge für den verpflichtenden Wehrdienst waren in Deutschland seit jeher steuerfrei. Im Rahmen der Aussetzung der Wehrpflicht, die ja keine Abschaffung, sondern eine Aussetzung ist, hat man damals beschlossen, in einem späteren Verfahren zu erörtern und zu entscheiden, ob diese Steuerfreiheit auch für den freiwilligen Wehrdienst so bestehen bleiben kann. Nun hat das BMF einen Referentenentwurf vorgelegt, in dem es dazu eine Position bezieht. Dieser Referentenentwurf ist wie immer mit der Bitte um Stellungnahme der anderen Ressorts verbunden; das ist das übliche Verfahren. Die anderen Ressorts nehmen jetzt also Stellung zu diesem Referentenentwurf. Für die Bundesregierung ist zu sagen, dass alle Argumente gehört und gewogen werden und dass in dieser Sache ganz sicherlich noch nichts entschieden ist, sondern wir befinden uns mitten im Verfahren.

KOTHÉ: Das ergänze ich gerne ein bisschen. Es handelt sich nicht um einen Gesetzentwurf, sondern um unser Jahressteuergesetz 2013, in dem wir diese verschiedenen Einzelmaßnahmen und steuerlichen Anpassungen immer sammeln und das dann in ein Gesetz packen. Darin wird eben dieser Vorschlag gemacht, den Wehrsold künftig zu besteuern und ihn damit wie andere Einkommen auch zu behandeln. Die Aufgabe unseres Hauses ist es ja, von der Einnahmeseite her bestimmte Grundsätze der Steuergesetzgebung zu prüfen, und dazu gehören eben das Gleichheitsgebot und auch die Steuergerechtigkeit. Die Steuerexperten bei uns kamen eben zu dem Ergebnis, dass dadurch, dass es jetzt nur noch ein freiwilliger Wehrdienst ist, eine Gleichbehandlung mit anderen Einkommen geboten ist. Das Ergebnis dieser Prüfung ist eben in diesem Referentenentwurf enthalten und wird jetzt in die Ressortabstimmung gehen, wie Herr Seibert gerade gesagt hat.

LAUBINGER: Ich sage gerne auch etwas dazu: Hinsichtlich des Bundesfreiwilligendienstes muss man sagen, dass das in mehr als 90 Prozent der Fälle keine praktische Relevanz für die Freiwilligendienstleistenden hat, weil das Taschengeld hier so gering ist, dass es unterhalb der steuerlichen Freigrenze liegt. Trotzdem halten wir eine solche Regelung angesichts der großen Engagementbereitschaft für ein falsches Signal. Es handelt sich aber, wie schon gesagt, um einen Referentenentwurf, und wir werden jetzt natürlich die Ressortabstimmung abwarten.

VORS. DR. MAYNTZ: Jetzt habe ich ein Ressort übergangen. Herr Dienst, möchten Sie auch etwas sagen?

DIENST: Unsere Haltung haben wir gestern bekannt gegeben. Sie ist in einem Satz zusammenzufassen, nämlich in dem, dass wir natürlich für die Beibehaltung der Steuerfreiheit plädieren. Die Gründe sind links von mir schon genannt worden, und dem ist jetzt nichts hinzuzufügen. Das ist, wie gesagt, ein Referentenentwurf, und wir befinden uns in der Ressortabstimmung. Unser Haus ist bisher immer gut damit gefahren, Ressortabstimmungen hinter den Kulissen zu betreiben, nicht vor den Kulissen, auch wenn Sie das vielleicht enttäuschen wird.

FRAGE: Herr Dienst, mich würde interessieren, wieso Sie sich für eine Sonderregelung aussprechen, wo es doch das generelle Ziel der Regierung ist das steht im Koalitionsvertrag , dass die Steuergesetzgebung transparent, durchschaubar und einfacher werden soll.

DIENST: Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Steuerfreiheit und Transparenz. Das erschließt sich mir logisch-intellektuell im Moment nicht. Aber es ist sicherlich so ich fasse das, was Staatssekretär Seibert gesagt hat, vielleicht in einem Satz zusammen , dass der freiwillige Wehrdienst eben von Anfang an eine Ausnahmestellung hatte und für uns auch bis heute hat.

ZUSATZFRAGE: Was unterscheidet den freiwilligen Wehrdienst von einem Sanitätsrettungsdienst oder von einem Dienst bei der Polizei? Plädieren Sie dann auch dafür, dass Polizisten keine Steuern mehr bezahlen müssen?

DIENST: Ich plädiere ja auch nicht dafür, dass ich keine Steuern mehr zahlen muss. Es ist so: Der freiwillige Wehrdienst ist ein Dienst an der Gesellschaft. „Tu was für deinen Staat“ und all diese Argumente, die wir vor der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes gehört haben, gelten auch heute fort. Ich sagte schon: Ich möchte das hier nicht länger elaborieren, weil am Ende eben das Plädoyer für die Steuerfreiheit herauskommt, und das wird in der Ressortabstimmung hinter den Kulissen dann entsprechend auch mit Argumenten hinterlegt werden.

FRAGE: Ich habe eine Frage vielleicht auch zwei oder drei Fragen an das Finanzministerium: Gibt es Berechnungen dazu, mit welchen Mehreinnahmen durch die Neuregelung zu rechnen ist? Im Referentenentwurf habe ich dazu nichts gefunden.

Gibt es zweitens Durchschnittsberechnungen dazu, was das für den einzelnen Soldaten bedeuten könnte?

Als Letztes: Es gibt ja auch kostenlose Unterkunft, Heimfahrten und Verpflegung. Wie sind die zu berücksichtigen? Sind das dann geldwerte Vorteile?

KOTHÉ: Das ist, wie gesagt, ein Referentenentwurf. Wir haben noch keine Berechnungen vorliegen solche Berechnungen gäbe es dann mit dem richtigen Gesetzentwurf , auch nicht dazu, was das für den durchschnittlichen Soldaten bedeuten würde. Dazu muss man einfach sagen: Das hängt auch immer von der Situation des einzelnen Steuerpflichtigen ab, davon, ob das die einzigen Einkünfte sind, ob er andere Einkünfte hat usw. Sicherlich lässt sich das auch modellhaft errechnen, aber solche Berechnungen haben wir noch nicht vorgenommen bzw. sie sind mir bisher nicht bekannt.

ZUSATZFRAGE: Was ist mit den sonstigen Leistungen, also Unterkunft, Verpflegung und Heimfahrten, die kostenlos sind? Sind das dann geldwerte Vorteile, die zu versteuern sind?

KOTHÉ: Zumindest denke ich, dass sie es nicht sind. Ich muss passen, das muss ich noch einmal klären. Aber ich glaube, sie sind es nicht.

ZUSATZFRAGE: Lässt sich das heute noch klären?

KOTHÉ: Ja. Meinen Sie die Unterbringung in der Kaserne und so etwas?

ZUSATZ: Ja, die Gulaschkanone.

FRAGE: Sie sagten, Frau Kothé, die Steuerexperten Ihres Hauses seien der Meinung, die eben im Referentenentwurf zum Tragen kommt. Was sagt denn die Hausspitze, also die Leitung?

Zweite Frage: Macht es für Sie einen Unterschied, dass der Sold für die Soldaten doch deutlich höher als der Sold für die Freiwilligen ist? Halten Sie es von daher auch für geboten, eine Besteuerung einzusetzen, weil sich diese Einkommen ja durchaus mit Einkommen eines Geringverdieners vergleichen lassen?

KOTHÉ: Zu Ihrer ersten Frage: Natürlich ist das die Meinung unseres Hauses. Das ist ein Referentenentwurf, den unser Haus jetzt herausgegeben hat. Das ist die Hausmeinung des BMF.

Zur zweiten Frage: Es ist so, dass die Einkünfte vom Grundsatz her eigentlich seit jeher steuerpflichtig sind. In der Praxis spielt das aber keine Rolle, weil sie unter den Grundfreibetrag fallen und dann in den meisten Fällen ohnehin keine Steuern zu zahlen sind, außer wenn derjenige, der einen Freiwilligendienst leistet, eben wiederum andere Einkünfte hat, die so beträchtlich sind, dass sie über diesen Grundfreibetrag hinausgehen. Aber vom Grundsatz her sind diese Bezüge auch steuerpflichtig.

ZUSATZ: Der Sold betrug, glaube ich, in den letzten Monaten mehr als 1.000 Euro. Das ist ja durchaus mit dem Einkommen eines Arbeitnehmers mit geringem Gehalt vergleichbar.

KOTHÉ: Genau. Das ist ja auch genau unsere Argumentation. Wir sagen: Das ist ein Einkommen wie in anderen Bereichen auch. Von daher ist eben die Auffassung unseres Hauses, dass das dann auch zu besteuern ist.

FRAGE: Mich würde ganz pragmatisch interessieren, wie es angesichts der unterschiedlichen Auffassungen in den Ministerien jetzt weitergeht. Auf welcher Ebene wird versucht, einen Kompromiss oder eine Einigung zu erzielen? Gibt es irgendeinen Zeitrahmen, bis zu dem die Meinung in diesem Punkt feststehen muss?

KOTHÉ: Geplant ist diese Maßnahme ist, wie ich vorhin ausgeführt hatte, eine Maßnahme unseres Jahressteuergesetzes 2013 , das am 25. April, glaube ich, im Kabinett einzubringen. Ich denke, vorher das ist auch das ganz normale Verfahren wird eben eine Abstimmung erfolgen müssen.

ZUSATZFRAGE: Auf welcher Ebene?

KOTHÉ: Das wird sicherlich auch auf politischer Ebene geschehen.

FRAGE: Frau Kothé, Sie sagten vorhin, die Experten in Ihrem Haus hielten das aus Gründen der Gleichbehandlung für geboten. Bedeutet das übersetzt, dass Sie sich wünschen, dass es eine Gleichbehandlung gibt, oder heißt das, dass es sozusagen einen rechtlichen Zwang dafür gibt und dass, wenn man diese Gleichbehandlung nun nicht einführt, der erste Polizist klagen wird um ein Beispiel zu übernehmen, das schon genannt worden ist und Ihnen diese Ungleichbehandlung vor Gericht um die Ohren fliegen wird?

KOTHÉ: Wir sind der Auffassung, dass diese Anpassung aus Gründen genau dieses Gleichheitsgebotes rechtlich notwendig ist. Aufgrund dieser steuerrechtlichen Aspekte schlagen wir sie vor.

ZUSATZFRAGE: Wenn Sie, Ihr Minister oder jemand in Ihrem Haus mit sozialem Gewissen oder aus was für Gründen auch immer der Meinung wäre, dass es eigentlich schön sei, Soldaten nicht zu besteuern, würden Sie dann sagen „Wir haben gar keine Wahl, sondern wir müssen das tun“?

KOTHÉ: Ich denke, mein soziales Gewissen ist hier unmaßgeblich. Wir haben in unserer Ressortzuständigkeit das habe ich ja vorhin schon zu sagen versucht diese steuerrechtlichen Sachverhalte zu bewerten, und das haben wir gemacht. Herr Seibert hat vorhin auch schon gesagt, dass die Ressorts in ihrer Zuständigkeit andere Aspekte zu würdigen und zu vertreten haben. Jetzt muss man diese Dinge irgendwie gegeneinander abwägen und sie miteinander in Übereinstimmung bringen; das ist ja das übliche Verfahren bei jedem Gesetz. Das ist genau die Aufgabe, die jetzt in den nächsten Wochen anzugehen ist.

FRAGE: Ich verstehe es noch nicht ganz. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Kothé, dann gibt es steuerrechtlich eigentlich gar keine andere Möglichkeit, als das zu tun, was jetzt im Referentenentwurf steht. Dann verstehe ich nicht ganz, warum sich das Familienministerium und das Verteidigungsministerium Hoffnungen darauf machen, dass der Kelch eventuell doch an den Betroffenen vorübergehend wird. Das müsste ich noch einmal erklärt bekommen.

Ich habe noch eine Frage an die anderen beiden Ressorts, an das Familienministerium und das Verteidigungsministerium: Sind Sie denn von diesem Referentenentwurf völlig überrascht worden, oder gab es darüber vorher Gespräche?

DIENST: Grundsätzlich ist ein Referentenentwurf eines anderen Hauses immer erst einmal eine Auftaktüberraschung. Im Rahmen der Ressortabstimmung verwandelt sich die Überraschung dann in Überzeugung, oder manche Punkte bleiben strittig. Das ist der Gang der Dinge, das ist völlig normal. Es ist wirklich so, wie ich es Ihnen sage. Hier ist einfach der Punkt: Man muss bewerten, ob man einer Tätigkeit nachgeht, um Einkünfte zu erzielen, oder ob man der Überzeugung ist, dass man die Tätigkeit ausübt, um dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist die Wasserscheide, über die man sich weiter unterhalten wird.

LAUBINGER: Dem kann ich mich nur anschließen.

ZUSATZFRAGE: Gibt es denn überhaupt eine andere Möglichkeit? Ich habe Sie nämlich so verstanden, dass man das steuerrechtlich machen muss.

KOTHÉ: Ja, aus unserer Sicht ist das steuerrechtlich geboten.

ZUSATZFRAGE: Aber gibt es dabei eine Freistellungsmöglichkeit? Wie muss ich das verstehen?

KOTHÉ: Es gibt ja ohnehin den Grundfreibetrag. Es geht zuerst einmal darum, dass diese Bezüge dem Grundsatz nach steuerpflichtig sind. Früher, als der Wehrdienst verpflichtend war, waren sie durch eine Ausnahmeregelung von einer Besteuerung ausgenommen. Dieser Grund ist entfallen, und aufgrund dessen, sagen wir, sind die Einkünfte, die sich aus einem freiwilligen Wehrdienst ergeben, steuerpflichtig. Das ist unsere Auffassung.

ZUSATZFRAGE: Ich habe es immer noch nicht verstanden. Gibt es denn eine Möglichkeit, von dieser Steuerpflicht abzusehen? Wenn Sie sagen, dass das steuerpflichtig ist, suche ich eben nach der Alternative, ob man da noch irgendwie herauskommen kann.

KOTHÉ: Ich gehe davon aus, dass die Kollegen, die diesen Gesetzesvorschlag erstellt haben, Alternativen geprüft haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass das für sie die logische Konsequenz ist, die sie jetzt in Gesetzesform gegossen haben.

STS SEIBERT: Wenn ich das sagen darf: Ich glaube, dass es wirklich nicht sehr viel bringt, hier ein Steuerrechtsseminar abzuhalten und die Frage hier entscheiden zu wollen, wie der freiwillige Wehrdienst, der in vielem sehr viel näher an der früheren Wehrpflicht angelegt worden ist als der Berufssoldatendienst, zu veranlagen ist. Wenn es einen Referentenentwurf aus dem BMF und entsprechende Stellungnahmen aus anderen Ressorts gibt, sind wir in einem vollkommen normalen Verfahren, wie es in einer Regierung herrscht. Es wird auch vollkommen normal am Ende dabei ein Regierungshandeln oder Nicht-Handeln herauskommen.

KOTHÉ: Genau.

FRAGE: Herr Dienst, können Sie noch einmal eine Zahl nennen, wie sehr dieses Angebot des freiwilligen Wehrdienstes angenommen wird und welche Rolle dabei die Höhe dieses Soldes spielt? Ist für Sie ein entscheidendes Argument, dass sich überhaupt junge Leute für diesen Dienst melden?

Herr Seibert hat ausgeführt, dass bei der Aussetzung des Wehrdienstes schon klar war, dass später geprüft werden solle, ob der Wehrsold für den künftigen freiwilligen Wehrdienst steuerfrei sei oder nicht. Deswegen meine Frage: Hat man bei der Festsetzung des Soldes für die freiwillig Dienenden schon eingepreist, dass das möglicherweise zu versteuern sein wird? Es kann ja für Sie keine Überraschung gewesen sein, dass diese Prüfung noch kommt; so hat es Herr Seibert ausgeführt. Also kann man ja davon ausgehen, dass das schon bei der Festsetzung dieser Vergütungssätze mit berücksichtigt worden ist. Oder irre ich mich da?

DIENST: Es ist mit Sicherheit bei der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes und der entsprechenden Geld- und Sachleistungen, die als Sold gewährt werden, nicht eingepreist worden, ob es zukünftig irgendwelche Entwicklungen im Bereich der Versteuerung geben könnte.

Es geht hier auch nicht so sehr darum, wie viel Euro letztendlich der eine oder andere zu bezahlen hätte, sondern es ist, wie ich Ihnen schon sagte, einfach eine Grundsatzfrage, ob der Dienst am Gemeinwohl steuerfrei gestellt wird oder ob Sie sich andererseits einer Tätigkeit widmen, um Einkünfte zu erzielen und dann eher zu versteuern sind. Das einfach nur als Wiederholung.

Insofern sage ich Ihnen keine Zahl, was das bei irgendwelchen Vorausberechnungen ausmachen würde, weil sich die Frage für uns im Moment so nicht stellt. Wenn ein Gesetz verabschiedet ist und sich Änderungen ergeben sollten, kann man darüber reden, wie dann der Status ist, der sich daraus ergibt.

Hinsichtlich der Anzahl der freiwillig Wehrdienstleistenden sind wir im Moment bei einem Bestand von knapp über 20.000 freiwillig Wehrdienstleistenden. Das ist aber vor allem dadurch bedingt, dass es noch starke Überhänge bei den alten freiwillig Wehrdienstleistenden zu Zeiten des Vollzugs der Wehrpflicht gab. Da gibt es gewisse Überkipper, also alle, die sich zum 1. Juli noch länger als 15 Monate oder länger als 12 Monate wie auch immer verpflichtet hatten, zählen in diesen Bestand mit hinein, zusätzlich zu denen, die sich unter der neuen Gesetzgebung ab 1. Juli freiwillig gemeldet haben.

ZURUF: Wie viele sind das? Haben Sie die Zahl parat?

DIENST: Die (Rechnung) kann ich Ihnen im Moment nicht aufmachen. Aber wir sind in einem Bereich, der nur noch vierstellig ist.

FRAGE: Zur Genese dieser Regelung: Wenn das steuersystematisch nicht passt, warum hat man überhaupt diese Übergangsphase so gelassen? Warum hat man nicht von Anfang an gesagt, dass das versteuert werden muss?

KOTHÉ: Man hat damals im Rahmen dieses Wehrrechtsänderungsgesetzes gesagt: Die Frage muss geprüft werden. Es gab eine Prüfungsklausel. Das war klar. Das Ergebnis der Prüfung ist eben das, was wir heute in dem Referentenentwurf diskutieren.

FRAGE: Es geht im Prinzip um Geld, das der Staat für die Freiwilligen zahlt und der Staat dann wieder an Steuern einnimmt, also linke Tasche, rechte Tasche. Hat denn Herr Schäuble in seinem Referentenentwurf prüfen lassen, ob er die Etats für die Ressorts Verteidigung und Familie womöglich aufstockt, um ihnen dieses Geld aus steuersystematisch sicherlich nachvollziehbaren Gründen zu nehmen? Oder hat er das nicht?

Frau Laubinger, Sie haben gesagt, dass Sie etwa 30.000 Stellen finanzieren können. Haben Sie einmal ausgerechnet, wie viele Stellen Sie dann noch mit dem jetzigen Etatansatz finanzieren können, wenn es zu einer Besteuerung käme?

KOTHÉ: Ich habe vorhin schon gesagt, dass diese Freiwilligendienste im Grunde nach immer schon steuerpflichtig sind und dass das in der Praxis keine große Relevanz haben wird.

ZURUF: Sowohl Verteidigungs- als auch Familienministerium werben ganz klar um Freiwillige mit dem Satz: Die Bezüge sind steuerfrei. Da mögen Sie noch sagen, dass das grundsätzlich ein Widerspruch ist. Aber die Werbung, die diese Regierung betreibt, ist genau gegenläufig.

STS SEIBERT: Das ist ja auch die Realität.

KOTHÉ: Das ist kein Widerspruch. Bei diesen freiwilligen Diensten bekommt man ein Taschengeld, das bei höchstens 336 Euro liegt. Das ist ohnehin eigentlich steuerfrei. Von daher trifft der Vergleich linke Tasche, rechte Tasche nicht zu.

ZURUF: Sie erwarten gar keine Einnahmen? Erwarten Sie überhaupt gar keine Einnahmen, wenn Sie sagen, dass sie nicht der Steuerpflicht unterliegen?

KOTHÉ: Was diesen Bundesfreiwilligendienst anbetrifft, es geht hier um eine grundsätzliche Regelung. Natürlich kann im Einzelfall, wenn die individuellen Einkünfte höher sind, (eine Steuerpflicht bestehen). Aber allein aufgrund dieses Taschengeldes wird es nicht zu einer Besteuerung kommen. Dazu ist es bisher nicht gekommen und wird es auch nicht kommen.

ZUSATZ: Das bezieht sich auf die Freiwilligendienste und nicht auf die freiwillig Wehrdienstleistenden. Diese haben ja einen Sold von bis zu 1.000 Euro.

KOTHÉ: (Das bezieht sich auf) die Freiwilligendienste. Danach haben Sie gerade gefragt.

ZUSATZ: Ich habe schon nach beidem gefragt.

KOTHÉ: Beim Wehrsold hängt das auch wiederum von der Höhe ab.

LAUBINGER: Das Bundesfamilienministerium kann 35.000 Plätze im Bundesfreiwilligendienst fördern. Das haben wir von Anfang an zugesichert. Zu dieser Zusicherung stehen wir auch.

Die Regelung, die im Moment durch den Referentenentwurf im Gespräch ist, würde, wie gesagt, über 90 Prozent der Bundesfreiwilligendienstleistenden nicht treffen, weil das Taschengeld unterhalb der steuerlichen Freigrenze liegt.

FRAGE: Ich stelle mir immer noch eine Frage. Es ist ja relativ einfach, den Unterschied zwischen einer Pflicht zu erkennen, die es früher gegeben hat, und einer freiwilligen Geschichte. Es ist auch verfassungsrechtlich einer der einfachsten und einleuchtendsten Grundsätze, die Gleichbehandlung zu haben. Welchen Sinn macht es also, sich bei der Änderung des Wehrgesetzes eine Prüfung vorzunehmen? Welchen anderen Sinn würde es als den machen, dass man nicht sowieso die Steuerfreiheit herstellen möchte? Wozu sonst sollte man bei so eindeutig klarer Faktenlage darüber nachdenken, das in einigen Monaten zu prüfen? Das erschließt sich mir nicht.

KOTHÉ: Ich kenne die historische Genese dieses Prüfauftrages nicht. Das kann ich recherchieren und nachliefern. Ich weiß nur, dass es diesen Prüfauftrag in diesem Gesetz gibt und dass unser Haus diesem mit dem Ihnen bekannten Ergebnis nachgekommen ist.

STS SEIBERT: Ich möchte einfach noch einmal daran erinnern: Wir reden hier über einen Referentenentwurf. Die Ressortabstimmung dazu beginnt gerade erst. Wir sind mitten im normalen Arbeitsprozess einer Regierung. Wir reden nicht über Regierungshandeln. Die Bundesregierung ist froh und auch dankbar, dass sich sowohl im freiwilligen Wehrdienst als auch im Bundesfreiwilligendienst eine so zufriedenstellende Zahl von Menschen gefunden hat, die auf so unterschiedliche Art diesen Dienst an der Gemeinschaft leisten. Ihr Bestreben wird es weiterhin sein, den Bundesfreiwilligendienst und den freiwilligen Wehrdienst attraktiv sein zu lassen.

FRAGE: Herr Seibert, weil Sie sich gerade noch einmal so eingeschaltet haben, stellt sich für mich eine Frage. Sie beschreiben die Tatsache, dass das Bundesfinanzministerium einerseits und das Verteidigungs- und Familienministerium andererseits bei einem Kernprojekt dieser Regierung sich jetzt über irgendwelche Steuerkommata streiten und sagen, das sei der normale Regierungsprozess. Ab wann sehen Sie den Zeitpunkt, dass sich das Kanzleramt streitschlichtend einmischt? Oder/und haben die beteiligten Ressorts heute in der Kabinettssitzung ihren Protest zum Ausdruck gebracht? Wie wollen Sie eigentlich von dem Eindruck herunterkommen, dass es irgendwie in der öffentlichen Wirkung dumm gelaufen ist?

STS SEIBERT: Erstens. Ein Referentenentwurf ist kein Gegenstand einer Kabinettssitzung.

Zweitens glaube ich, dass Ihre Schwelle für die Verwendung des Wortes „Streit“ erheblich zu niedrig liegt, wenn ich das so sagen darf. Wir haben es hier damit zu tun, dass ein Ressort seine Argumente aus der Sicht von Steuer- und Finanzexperten einbringt und andere Ressorts ihre Argumente einbringen. Es wird am Ende entschieden werden müssen, wenn man das Gewicht aller Argumente gewogen hat. Ich finde, das ist ein normaler Vorgang. Jetzt spielt er sich ausnahmsweise einmal in der Bundespressekonferenz ab. Er spielt sich ganz häufig und zu ganz vielen Referentenentwürfen innerhalb der Ressorts ab. Das ist das normale Regierungsgeschäft.

VORS. DR. MAYNTZ: Und das ist das normale RegPK-Geschäft.

ZURUF: Wenn ich das als Vorschlag einbringen darf: Dann machen wir es doch immer hier. Dann haben beide Seiten mehr davon.

STS SEIBERT: Wenn Sie so viel Zeit mitbringen.

FRAGE: Frau Kothé, mich würde interessieren, warum diese Prüfung nahezu neun Monate gedauert hat, wenn der Sachverhalt, wie Sie ausführen, eigentlich so klar ist.

KOTHÉ: Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange diese Prüfung gedauert hat. Sie ist in das Jahressteuergesetz 2013 eingeflossen, das eine Sammlung an steuerrechtlichen Änderungen ist. Es ist üblich, dass wir uns einmal im Jahr so ein Gesetz vornehmen. Es kann auch sein, dass diese Prüfung relativ schnell (erfolgt ist) und das Ergebnis jetzt einfach nur bekannt geworden ist. Ich habe keine Angaben dazu vorliegen, wie lange diese Prüfung gedauert hat.

ZUSATZFRAGE: Ich habe mich vielleicht unpräzise ausgedrückt. Warum hat es fast neun Monate vom Zeitpunkt des Inkraftsetzens dieses freiwilligen Wehrdienstes bis heute gedauert, wo Sie sagen: Oh, das muss aber versteuert werden. Dazwischen liegen ja neun Monate, die ganz offenkundig für Verwirrung sorgen.

KOTHÉ: Wir haben vor ein paar Tagen erst den Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz vorgelegt. Das ist eine Maßnahme unter anderen.

Und die nachgereichte Information des Finanzinisteriums:

Im vorgelegten Referentenentwurf sind keine besonderen Regelungen für die steuerliche Behandlung von Sachbezügen im Rahmen des freiwilligen Wehrdienstes vorgesehen. Das heißt, dass die allgemeinen lohnsteuerrechtlichen Grundsätze gelten; z. B. die für Berufssoldaten.
Konkret heißt das, dass zum Beispiel Unterkunft und Verpflegung nach bestimmten Sätzen steuerlich anzusetzen sind. Dagegen ist der Ersatz von entstanden Reisekosten zum Beispiel nicht als geldwerter Vorteil anzusehen und daher steuerfrei.