(Kampf)Drohnen: Langsam einlesen
Das Thema Drohnen, oder korrekter, Unbemannte Luftfahrtgeräte, wird immer bedeutsamer. In den vergangenen Tagen ist in mehreren Medien der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiter gehenden Freigabe solcher Unmanned Aerial Systems thematisiert worden. Der rechtliche Rahmen ist allerdings nur ein Teil…
Die Zeitschrift loyal, herausgegeben vom Reservistenverband, widmet dem geplanten deutschen Wabep-System (Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen), also einer Kampfdrohne, in ihrer Januarausgabe eine eigene Geschichte: Vorgesehen ist eine von der deutschen Firma Rheinmetall modifzierte Version der israelischen Harop-Drohne. Bei IndiaDefence gibt es ein Video zu diesem, wie er dort genannt wird, remotely controlled killer (die Inder sind da in der Ansprache etwas direkter):
Die rechtliche und vor allem politische Diskussion über Drohnen, sei es für Überwachungszwecke (nicht nur im militärischen Bereich) oder als Kamikaze-Drohne zur Zerstörung von Zielen dürfte dann auch in Deutschland demnächst beginnen. Aus den USA, die mit solchen Einsätzen unbemannter Systeme gerade in Afghanistan und Pakistan Erfahrung gesammelt haben, kommt dazu dieser Beitrag in The Atlantic: Unaccountable Killing Machines: The True Cost of U.S. Drones
Könnte mir jemand freundlicherweise den Vorteil einer „Kamikaze“Drohne gegenüber eine „traditionellen“ Drohne mit Raketen/Smart Bombs Bewaffnung erklären.Mein Verstand sagt mir dazu 1.geht jedesmal unnötig teures Material drauf 2.Man verliert die Aufklärungsfunktion der Drohne 3. ein zweiter/dritter Schuss ist nicht mehr möglich. Der einizige mir erdenkliche Grund wäre dass man den Anflug des Geschosses jederzeit abbrechen kann aber das muss ja wohl mit einzelnen gelenkten Raketen möglich sein,oder?
Vmtl. ist die reine Kamikazedrohne schneller im Einsatz als die Kombi und leichter zu warten und managen, insbesondere wenn man keinen geregelten Zugang und oder Umgang mit smarten Bomben und Raketen hat. Warum wir diesen teuren Scheiß haben, das weis keiner.
@TF47:
„Kamikaze-Drohnen“ sind auf dem Spektrum von komplett wiederverwendbarer Drohne bis hin zur reinen Lenkwaffe vermutlich eher am Ende Lenkwaffe einzuordnen, und sind mehr „Bomben mit Warteschleifen-Modus“.
Der Vorteil müsste sein, dass in einem aktiven Operationsgebiet sehr kurzfristig WIrkmittel verfügbar sein können, ohne dass bemannte Luftfahrzeuge dauerhaft (und teuer) Patrouille fliegen müssen. Das könnte auch taktisch eventuell vorteilhaft sein: vom Boden aus kann man vermutlich nicht gut erkennen, was für ein Drohnentyp am Himmel kreist – einen Jet oder Kampfhubschrauber dagegen schon eher.
Diese Pressemitteilung
http://www.rheinmetall-defence.com/index.php?lang=2&fid=5583
über Wabep liest sich so, als ob die teuren Sensoren in einem wiederverwendbaren System fliegen (KZO) und die von IAI gelieferten Harop-Flugkörper, die den Bumms mitbringen, vergleichsweise „dumm“ sind.
WABEP ist eines der sinnlosesten Vorhaben seit Gründung der Bundeswehr. Trotz knapper Kassen hat es weiterhin höchste Priorität in der Heeresplanung. Nur den Sinn konnte ich (auch) noch nicht verstehen.
Wobei es für die Artillerie und Hersteller natürlich Sinn macht.
@hwilker:
Genau da liegt das Problem: Auch das Wirkmittel Harop soll über hochwertige Sensorik verfügen – und es kann nach Verschuss nicht wieder landen.
Somit soll der Schuss einen stolzen sechsstelligen €-Betrag Wert sein.
Einen wirklichen taktischen Mehrwert hat das System gegenüber bewaffneten UAV nicht. Die wären aber von der Luftwaffe…
Naja, ein Vorteil ist, dass das Heer dann wenigstens ein bisl Luftunterstützung hat, ohne sich gleich 500 Dienstpostenbesetzer von der Luftwaffe einzukaufen.
Wabep ist aber kein System für die 08/15-Luftnahunterstützung, sondern gegen Hochwertziele (da darf man noch ein politisches Fragezeichen machen). Zudem versenken wir auch schon ein Haufen Geld in den Tiger (inkl. PARS 3 LR) – müssen wir dann nochmal ein neues Spielzeug haben?
Und unter 160 Dienstposten macht das die Artillerie auch nicht.
@Memoria
Zustimmung
Der Vorteil eines ferngelenkten Marschflugkörpers ist, hohe Eindringtiefe bei ggf geringer Flughöhe ohne Gefährdung von Besatzungspersonal. Ein ferngelenkter Marschflugkörper ist störbar, deshalb werden Marschflugkörper nicht ferngelenkt!
Ein ferngelenkter Marschflugkörper für geringe Entfernung ist nur dann sinnvoll, wenn sie kostengünstig zu beschaffen sind (technisch möglich, jedoch oft nicht gewollt).
Der zusätzliche Vorteil eines luftgestützten Marschflugkörper (zB Taurus) ist die hohe Möbilität des Startgerätes ohne Gefährdung der Besatzung. Aufrüstung zu einer ferngelenkten Waffe (teuer/störanfällig) wäre möglich, aber wozu? Nur Hochwertziele rechtfertigen teure Waffen/Munition und deren Positionen sind aufgeklärt.
@TF47
Der einzige (für mich sichtbare) Vorteil ist die Möglichkeit, bis kurz vorm Einschlag noch abzubrechen. Die Warteschleifenfunktion funktioniert nur begrenzt (da WABEP) nicht landen können muß.
Teuer interessiert den Hersteller nicht, solange er sein Geld bekommt und wenn man dann für einen 2./3. Schuß noch mehr von den WABEP/HAROP kauft wird’s ihn auch nicht stören.
@hwilker
Sollte nicht Taifun nur einen anderen Sensorkopf als KZO haben? 15kg Ballast und evtl. eine ‚einfache‘ Kamera/Wärmebildgerät? Die KZO-Nutzlast ist ja das teuerste am ganzen Fluggerät.
Einen dummen Bruder für KZO plant man ja schon länger, genauso wie die ganzen Produktverbesserungen…
@ Horst:
Wenn Harop auch im Endanflug noch den Zielraum bei Tag und Nacht eigenständig beobachten soll, dann wird zumindest ein leistungsfähiges
Wärmebildgerät benötigt. Das ist dann weder dumm, noch preiswert. Auf den Bildern des Harop ist am Vorderteil ein Sensorkopf von IAI zu erkennen.
Eine Einweg-Sensorik.
KDH Taifun wurde aus genau diesen Gründen eingestellt. Aber nach einer kurzen Schamfrist wurde WABEP gefordert.
Der Gesamtansatz ist voller Widersprüche:
KZO soll aufklären und wenn ein Ziel erkannt ist, wird die Loitering Munition (LM, Harop) gestartet. Warum die LM dann mehrere Stunden über dem Ziel bleiben können muss und eigene Sensorik braucht lässt sich nur mit sehr konstruierten Szenarien begründen.
@Elahan:
Hochwertziele für WABEP sind u.a. Personen in Fahrzeugen, daher ist die Position nicht immer bekannt. Es ergibt sich aber hieraus eine rechtlich-politische Frage: wenn gezielte Tötungen bisher abgelehnt werden, warum brauchen wir dann jetzt dringend ein solches System? Zumal wir schon jetzt kein Geld mehr für genügend Gewehrmunition haben?
Es gibt ja nun immer zwei Seiten. In diesem Fall economic cost of warfare und human cost of warfare. Neben der reinen Praxistauglichkeit des Geräts über die die Militärstrategen entscheiden müssen, sehe ich ein Problem auf Seiten der human cost Gleichung. Wenn Kriegsführung mittels Drohnen immer einfacher wird, ist die Gefahr für den Politiker Verluste von Soldaten in der Öffentlichkeit zu erklären geringer. Dieses Kriegsmittel verändert also langfristig die Grenzkosten des Krieges so stark, dass es wahrscheinlich scheint, dass Politiker schneller auf den Abzug drücken. Das gleiche gilt für den Offizier, der selbstredend lieber eine Drohne aufsteigen lässt, als seine Männer in ein vermeidbares Gefecht zu schicken.
Man wird mit diesem Argument niemals verhindern können, dass eine Drohne statt eines Hubschraubers in feindliches Gebiet vordringt, aber man sollte sich in der ganzen Debatte diese Effekte vor Augen führen und überlegen, wie Entscheidungsprozesse gestaltet werden sollten, um „Hemmschwellen“ aufrecht zu erhalten.
Danke für den Hinweis und den Link zu den Amerikanern.
Eine weitere Frage, die sich für mich stellt, ist die Frage nach dem Üben mit diesen Drohnen. Gibt es in der Bundesrepublik ausreichend verfügbaren Luftraum bzw. die integrativen Möglichkeiten (mit der Zivil- und übrigen Militärluftfahrt) und Kapazitäten, die Drohnen regelmäßig fliegen zu lassen?
@Memoria
Auch wenn sich ein Ziel bewegt, ist die Position uU bekannt. Sollte ein ein Aufklärer (UAV, Luftschiff, Lfz , Air Controller oder oä) das Ziel aufgeklärt haben, dann kann man Hochwertige Waffensysteme mit Kostengünstiger Munition verwenden. Dies ist der Grund, warum die USA zB das Gunship AC 130 für solche fälle verwenden verwenden.
…..wenn gezielte Tötungen bisher abgelehnt….
1. Waffensysteme werden nicht nur für den Konflikt in AFG beschafft.
2. Die rechtliche Situation in AFG ist eben eine besondere! Die Bw wurde von einer Regierung zur Hilfe gerufen um im Innern gegen Kriminelle zu kämpfen.
3. Gezielte Tötung von namentlich bekannten Personen ist was anderes, als Feindliche Truppen zu bekämpfen.
@Sebastian B
Da hatten wir schon einen Thread zu. Kommt auf die Regelung des Luftfahrtbundesamtes, die Flughöhe, die Häufigkeit und die Distanz an.
Geringe Höhe, geringe Distanz und nur über Truppenübungsplätzen ist kein Problem.
Also kein Problem sehe ich, dass man nun anfängt gezielt Menschen zu töten. Vielmehr ist das eine Möglichkeit z.b. einen unter Beschuss geratenen Konvoi zu unterstützen indem einerseits aufklärt unc anderseits z.b. ein feindliche Stellung zerstört. Denn am letztendlich ist ein System immer neutral und erst die Bediener entscheidet ob dieses System positiv oder negativ angewendet wird und hier sollte man aus meiner Sicht darauf vertrauen, dass die BW/Bundesregierung die richtige treffen wird.
Noch ein Verständnissfrage: Diese Drohne, die dann dein Feind bekämft ist nur „ein Stück Metall“. Das bedeutet doch, dass man damit ziemlich schwer eine Gruppe von Personen bekämpfen kann, da der tödliche Bereich um den Einschlagspunkt doch sehr klein sein muss.
@Elhanan:
Natürlich kann ich Hochertziele mit anderen Mitteln weitaus besser bekämpfen – daher sehe ich ja WABEP kritisch. Bei meiner Antwort wollte ich nur daraufhinweisen, dass TAURUS und änliche Systeme für moderne Hochwertziele (=Personen) ungeeignet sind.
Zur Frage der gezielten Tötungen. Ihre Lesart, dass ISAF Kriminalitätsbekämpfung betreibt deckt sich nicht mit meinem Verständnis.
Ein nichtinternationaler Konflikt in dem Streitkräfte i.R.v. Kap VII der UN-Charta eingesetzt werden, ist nach meinem Verständnis etwas anderes als Kriminalitätsbekämpfung. Das sehen auch die meisten an ISAF beteiligten Staaten so und handeln entsprechend (einschl. gezielte Tötungen). Deutschland macht hier rechtliche Bedenken geltend. Wobei sich Politik hier eher hinter Paragraphen versteckt. Zumal die rechtlichen Bedenken ja dazu führen müssten, dass deutsche Soldaten hieran auch indirekt nicht beteiligt sein dürften.
Ansammlungen von Truppen werden – nach meinem Verständnis – nicht durch WABEP bekämpft, hierfür gibt es eine weites Spektrum an weitaus preiswerteren und effektiveren Wirkmitteln (z.B. SMArt).
@ Memoria
Stime Ihnen absolut zu.
WABEP ein, viel zu langsamer, Marschflugkörper mit (teurem) Klotz (One-way-Sensor und Link) am Bein äääh Flügel.
KZO/WABEP wäre eine Steilvorlage für die Luftwaffe um die Predator B zu beschaffen.
KZO/WABEP könnte alles nur deutlich schlechter als eine Predator B.
Reichweite massiv schlechter. (Nur direkt um Kunduz herum bis zur ersten Bergkette)
Ausdauer (TOT) ist massiv schlechter.
Geschwindigkeit ist deutlich schlechter.
„Betriebskosten“ sind deutlich höher (Boosterstart, teure High-end Sensor Munition statt günstige und längst bewährte AGM-114 oder GBU-12 – beide übrigens ebenfalls bis zur letzten Sekunde abbruchfähig – reattack viel zu teuer und nie benötigt).
Dazu würde das einzige KZO system im Theater über Stunden in nur einem Einsatz mit mehreren Sorties gebunden werden müssen. Totale Verschwendung.
Alles kann die Predator B viel besser (besonders operationelle Reichweite und Flexibilität) – und günstiger!
War denn da nicht auch irgendetwas mit Joint?!? Luftwaffe übernehmen Sie!
@RauscheBART:
Leider basiert aber (auch) unsere Bedarfsermittlung auf dem Konsensmodell.
Daher konnte das Heer in der Integrierten Arbeitsgruppe Fähigkeitsanalyse (IAGFA) Wirksamkeit im Einsatz in einer Paketlösung auch die Luftwaffe von der „Notwendigkeit“ von WABEP „überzeugen“.
Bin mal gespannt ob der neue Rüstungsprozess weiterhin diese Kuhhandel-Lösungen befördert.
Das ganze Thema zeigt aber auch – wie Sie sagen – dass Jont und NetOpFü-Parolen nur dann herangezogen werden, wenn sie für den eigenen Laden gerade förderlich sind.
Memoria | 03. Januar 2012 – 16:04
@Elhanan:
Was die Verwendung von Kampfdrohne betrifft stimme ich ihnen zu.
Zur Frage der gezielten Tötungen.
Dass meine Lesart sich nicht mit ihrem Verständnis deckt ist mir bekannt, auch ist mir die Auslegung anderer Nationen bekannt. Ich möchte ja nur zu Bedenken geben welche Folgen diese Sichtweise für die Zukunft haben kann. Projizieren sie dieses Vorgehen auf einen anderen Staat! Russland odere China wird von einer Regierung eines anderen Staates gebeten mit militärischen Kräften im Innland für Ruhe zu sorgen. Die Feinde der Regierung werden ohne Gerichtsurteil zu Terroristen erklärt und im ganzen Land mit allen militärischen Mitteln unter Inkaufnahme von Kollateralschäden gejagt.
Hätten wir zu Beginn des Konflikts die Taliban welche gegen die AFG-Regierung kämpften wie Kriminelle bekämpft (auch mit geheimdienstlichen Mitteln) wären wir evtl heute weiter. Partisanen, Aufständische, Terroristen sind zuerst Kriminelle.
Es muss mit aller Kraft verhindert werden, dass wir in Europa in der Zukunft Kriminellen so bekämpfen wie wir es in AFG tun. Z.T. ist es ja im östlichen Europa schon soweit, dass man diesen Ansatz verlässt (bewaffnete Einheiten des FSB).
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/der-kaukasische-teufelskreis/5985650.html