Da fehlt doch was, Herr Admiral?

Heute hat der deutsche Flotillenadmiral Thomas Jugel das Kommando als Force Commander der EU-Antipirateriemission Atalanta abgegeben. Nach vier Monaten wechselte dieses Amt turnusmäßig, diesmal in die Hand der spanischen Marine. Als Force Commander kann Jugel auf recht erfolgreiche vier Monate zurückblicken: Die Zahl der Piratenangriffe und vor allem die Zahl der Kaperungen am Horn von Afrika ist deutlich zurückgegangen – woran nicht zuletzt die Aktionen der deutschen Fregatte Köln einen gewissen Anteil haben.

Allerdings verblüfft mich ein bisschen, was Jugel laut einem Bericht von bundeswehr.de dafür als Gründe nennt – da fehlt doch was? (siehe Nachtrag unten – sein französischer Kollege ist da etwas offener.)

Der scheidende Atalanta-Seebefehlshaber nannte dafür verschiedene Faktoren: Zum einen halten sich immer mehr Reeder ziviler Handelsschiffe an die Empfehlungen des Atalanta-Hauptquartiers im britischen Northwood, nur angemeldet und nach Möglichkeit im Konvoi das gefährliche Seegebiet vor der Küste Somalias zu passieren. Zum anderen hätten die Seeleute der Frachtschiffe passive Schutzmaßnahmen ergriffen, um mit eigenen Mitteln Angriffe abwehren zu können. Und letztlich haben auch die veränderten Einsatzregeln von Atalanta zu mehr Sicherheit beigetragen. Seit Mai dieses Jahres gilt ein robusteres EU-Mandat, dessen Rules of Engagement erlauben, Piraten auch dann noch zu verfolgen, wenn diese einen Angriff aufgrund der Präsenz der Kriegsschiffe erfolglos abbrechen mussten. Außerdem dürfen die Atalanta-Einheiten verdächtige Schiffe durchsuchen.

Alles richtig. Aber auch bei dem Flotillenadmiral dürfte angekommen sein, dass mittlerweile ein weiterer, zum Teil durchaus umstrittenener Faktor eine Rolle spielt. Der inzwischen selbst Eingang in die offiziellen Statistiken der European Naval Force (EUNAVFOR) Atalanta gefunden hat:

In dieser Tabelle verbirgt sich das hinter dem Kürzel PASC: Private Armed Security Company, zu deutsch: private bewaffnete Sicherheitsdienste. Bislang, dieser Aussage hat noch niemand widersprochen, wurde kein Schiff von somalischen Piraten gekapert, das solche Bewaffneten an Bord hatte. Und oft genug haben die ja in den vergangenen Wochen und Monaten auch geschossen – zumindest Warnschüsse.

Deshalb ist es zumindest merkwürdig, dass Jugel diesen Fakt noch nicht mal erwähnt. Man kann ja solche privaten Sicherheitsdienstleister ablehnen oder nicht für wirklich zielführend halten oder darin die Gefahr einer unkontrollierten Aufrüstung zur See sehen – aber sie sind da, und immer mehr Nationen lassen sie auf den Schiffen unter ihrer Flagge zu, wie zuletzt die Beispiele Großbritanniens und Griechlands zeigen. Dass sie in Jugels Aufzählung fehlen, kann ich mir nur mit politischer Korrektheit erklären. Schade, es wäre doch interessant gewesen zu hören, wie ein Force Commander diese Entwicklung aus seiner Kenntnis der Lage vor Ort einschätzt.

Nachtrag: der französische Konteradmiral Christian Canova, stellvertretender Atalanta-Kommandeur, hat dem Bloggerkollegen von Bruxelles2 ein Interview gegeben, in dem er dankenswerterweise ein bisschen deutlicher wird als sein deutscher Kollege. Auf die Frage nach der derzeitigen schlechten Erfolgsbilanz der Piraten sagt er recht offen:

Les causes de cette diminution sont multiples. Il y a la présence de gardes privés ou de militaires à bord des navires marchands qui joue. Et la bonne coordination entre toutes les forces en présence, qui est meilleure que par le passé. Il y a aussi un phénomène météo : la mousson a été faible – et à l’intermousson, la mer était plus agitée. Cela n’empêchait pas les bateaux de prendre la mer mais rendait plus difficile l’abordage.