Künftig 264 Standorte – und alle müssen bluten

Eine Zahl steht fest: Die Bundeswehr wird künftig in Deutschland noch an 264 Standorten präsent sein. Das ist der Kern der Entscheidung, die Verteidigungsminister Thomas de Maizière für die verkleinerte Truppe getroffen hat. Und: alle Standorte, auch diejenigen, die bestehen bleiben, werden mit Abbau leben müssen, im Durchschnitt um 30 Prozent: Es gibt nicht einen einzigen Standort, der ohne Reduzierungen auskommt, sagt de Maizière.

Das ist für den Minister die Konsequenz aus der drastischen Verringerung nicht nur der Soldatenzahl, sondern auch der Zahl der Zivilbeschäftigten: um rund 90.000 Dienstposten, mit und ohne Uniform, schrumpft die Bundeswehr insgesamt.

(Die exakte Liste liegt mir erst seit wenigen Minuten vor, ich habe sie noch nicht detailliert auswerten können. Aber hier gibt es alle 140 Seiten zum Herunterladen:

Die Stationierung der Bundeswehr

Vorsorglich, weil ich ein gewisses Interesse vermute, habe ich sie auch im Ausweich-Gefechtsstand eingestellt, falls es hier zu viele gleichzeitige Zugriffe geben sollte… Zum Vergleich lässt sich dann die Liste der derzeitigen Standorte auf Wikipedia heranziehen.)

(Nachtrag 2015: Der Dienst Posterous, wo die Datei im Ausweich-Gefechtsstand eingestellt war, hat leider den Dienst eingestellt…)

Die Zahl 264 klingt zunächst nach einem massiven Standortabbau. Das Ministerium geht in seiner Berechnung allerdings von einer deutlich niedrigeren Zahl bestehender Standorte aus als in der Öffentlichkeit angenommen – jedenfalls nicht von den immer wieder genannten knapp 400.

So gelten 58 Stationierungsorte mit weniger als 15 Dienstposten künftig nicht mehr als Standorte – damit fallen sie von vorherein aus der Zählung heraus. Fünf Orte, bislang nicht als eigenständige Standorte geführt (darunter merkwürdigerweise auch Jagel mit dem Aufklärungsgeschwader 51 Immelmann) werden wiederum künftig als Standorte gezählt. Ausgangsgröße (oder: Abholpunkt) sind daher nach offizieller Lesart 328 Standorte.

31 dieser 328 Standorte werden 31 komplett geschlossen (dazu unten mehr). Weitere 33 Standorte werden auf weniger als  15 Dienstposten verkleinert, so dass sie nicht mehr als Standort gelten – so kommt die Zahl 264 zu Stande, die allerdings auch noch nichts darüber aussagt, wie groß die Reduzierungen an einem jeweiligen Standort ausfallen. Das zeigt das Beispiel des baden-württembergischen Standortes Ellwangen: der bleibt zwar erhalten, aber die Zahl der Dienstposten sinkt von über 1.300 auf 30.

Der große Umbau soll in wesentlichen Teilen bis 2015 umgesetzt werden, die Mehrheit bis 2017 – allerdings wird es auch Entscheidungen geben, die nach de Maizières Worten bis weit ins nächste Jahrzehnt reichen.

Zusammen mit dem Ab- und Umbau von Standorten legte de Maizière auch fest, wo die Spitzenkommandos der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche künftig ihren Sitz haben – fusioniert aus dem Führungsstab des jeweiligen Inspekteurs (der ja künftig nicht mehr dem Verteidigungsministerium angehört), dem Kommando der jeweiligen Teilstreitkraft und dem dazu gehörigen Amt. Das wirkt sich mitunter direkt auf ein Standort aus, zum Beispiel für Glücksburg, dem bisherigen Sitz des Flottenkommandos: Dieser Standort wird komplett aufgegeben.

Das Führungskommando des Heeres wird künftig in Strausberg bei Berlin sitzen, die Luftwaffe in Berlin-Gatow (mit der letztgenannten Entscheidung und dem Aufwuchs des 2. Ministeriums-Dienstsitzes in der Hauptstadt dürfte damit Berlin der einzige Stationierungsort mit Zuwachs sein). Die Marine zieht nach Rostock, die Streitkräftebasis bleibt in Bonn, und der Sanitätsdienst nimmt seinen Sitz in Koblenz.

Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer, (fast) alle Fraktionsvorsitzenden im Bundestag und einige führende Oppositionspolitiker in den Ländern (soll heißen: CDU-Parteifreunde) informierte de Maizière direkt telefonisch über seine Entscheidungen. Alle Regierungschefs hätten, wenig verwunderlich, sehr engagiert und sehr sachkundig für ihre Standorte gefochten, sagt der Minister. In einigen wenigen Fällen habe er auch Entscheidungen strukturpolitisch getroffen und nicht, wie sonst, in erster Linie an der Funktionalität eines Standortes ausgerichtet. Details dazu dürfte de Maiziére am Mittwochnachmittag bei seinem angekündigten Auftritt vor der Bundespressekonferenz nennen.

Hier eine Übersicht über die Standorte, die geschlossen werden sollen – mit dem warnenden Hinweis: Auch wenn ein Standort bestehen bleibt, wird es zumeist eine Reduzierung geben, und es kann auch eine signifikante Reduzierung sein. Auch sagt diese Übersicht noch nichts über die Verlagerung wichtiger Kommandos oder Organisationseinheiten:

In Baden-Württemberg werden Hardheim, Hohentengen, Immendingen und Sigmaringen geschlossen. Ellwangen muss mit einer signifikanten Reduzierung rechnen.

In Bayern werden die Standort Fürstenfeldbruck, Kaufbeuren und Penzing geschlossen. München wird signifikant reduziert.

Berlin bleibt, wenig überraschend, als Standort erhalten.

In Brandenburg gibt es keine Standortschließungen, allerdings wird zum Beispiel Strausberg signifikant reduziert (obwohl das künftige Heereskommando dorthin kommt).

In Bremen gibt es signifikante Reduzierungen.

Hamburg bleibt als Standort erhalten.

In Hessen wird der Standort Rotenburg an der Fulda aufgegeben.

In Mecklenburg-Vorpommern werden die Standorte Lübtheen, Rechlin und Trollenhagen geschlossen.

In Niedersachsen schließen die Standorte Ehra-Lessien, Lorup und Schwanewede. Seedorf wird signifikant reduziert.

Nordrhein-Westfalen muss auf die Standorte Kerpen und Königswinter verzichten.

In Rheinland-Pfalz schließen Bad Neuenahr/Ahrweiler, Birkenfeld, Emmerzhausen, Kusel und Speyer.

Im Saarland wird kein Standort geschlossen, allerdings wird Lebach signifikant reduziert.

In Sachsen wird Mockrehna geschlossen.

In Sachsen-Anhalt wird kein Standort geschlossen, allerdings wird unter anderem Klietz signifikant reduziert.

In Schleswig-Holstein schließen die meisten Standorte: Alt Duvenstedt, Bargum, Glücksburg, Hohn, Hürup, Ladelund, Lütjenburg und Seeth. Boostedt und Kiel werden signifikant reduziert.

In Thüringen schließt der Standort Ohrdruf.