Somalias Piraten kehren zurück an Land

Es klingt wie eine bittere Ironie. Die Piraten, die die Gewässer am Horn von Afrika bis weit in den Indischen Ozean hinein unsicher machen, haben auch an Land zugeschlagen: Inzwischen scheint sicher, dass kriminelle Banden, die mit den Seeräubern zusammenhängen, ein britisches Ehepaar in einer Touristenanlage in Kenia überfallen, den Mann getötet und die Frau entführt haben. Officials: English tourist kidnapped by Somali pirates, heißt es bei CNN. (Entsprechende Gerüchte hatte es in den vergangenen Tagen immer wieder gegeben, allerdings keine belegbaren Indizien.)

Eine bittere Ironie ist es deshalb, weil das bei CNN geschilderte Ausweichen der Piraten auf lohnende Ziele an Land den Kreis wieder schließt. Bei einem Besuch in Djibouti vor knapp drei Jahren schilderte mir der – dort residierende – katholische Bischof von Somalia, was die Kriminellen unter anderem auf See trieb: Der Mangel an lohnenden Zielen an Land. Bereits bevor das Piraten-Problem von Somalia aus akut wurde, gab es in den Bürgerkriegswirren des ostafrikanischen Landes eine florierende Entführungsindustrie. Die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder Journalisten wurden oft von einer der schwer bewaffnenten Clan-Banden gefangengenommen und erst nach Zahlung eines Lösegeldes wieder freigelassen. In den vergangenen Jahren trauten sich jedoch immer weniger Ausländer nach Somalia – es gab schlicht niemand mehr zum Kidnappen. Die bewaffneten Banden, sagte mir der Bischf damals, verlegten ihren Aktionsraum auf See.

Natürlich ist das nur ein Teil der Erklärung des Phänomens Piraterie (und sicherlich gibt es auch, wenngleich von manchen zum Robin Hood hochstilisiert, den Fischer, der durch ausländische Raubfischerei seine Lebensgrundlage verlor und auf die Seeräuberei auswich). Damit scheint sich der Kreis wieder geschlossen zu haben: organisierte Kriminalität sieht auf die Profitmöglichkeiten, ob zu Land oder zur See.