Nachwuchswerbung? Demnächst auf Facebook

Es dürfte einer der letzten Briefe gewesen sein, die Karl-Theodor zu Guttenberg als Verteidigungsminister geschrieben hat. Und in diesem Fall hat er ihn hoffentlich nicht selbst geschrieben: Unter dem Datum 28. Februar teilte der Minister dem SPD-Abgeordneten Lars Klingbeil mit, wie sich die Bundeswehr künftig die Nachwuchsgewinnung im Internet vorstellt.

Neben dem üblichen Ministeriumsprech – Aufbauend auf zielgerichteter Informationsarbeit positionieren personalwerbliche Maßnahmen die Bundeswehr in der Phase der konkreten Berufsentscheidung mit einem breiten Marketingmix als zukunftssicheren Arbeitgeber mit vielfältigen Berufs- und Ausbildungsangeboten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt – kommen die Verfasser des Briefes zu interessanten Aussagen:

Ausgehend von Ergebnissen sozialwissenschaftlicher Forschungsarbeit werden rund 75 Prozent der Kontakte mit der Wehrdienstberatung durch oder über das Medium Internet erzielt. Aktuelle Überlegungen zielen daher auf die Optimierung der Befähigung zur internetbasierten Kommunikation mit Interessentinnen und Interessenten. In diesem Zusammenhang ist die Implementierung eines Forums und einer elektronischen Beratungsfunktionalität auf www.bundeswehr-karriere.de sowie die Schaffung einer Präsenz des Arbeitgebers Bundeswehr auf Facebook eingeleitet.

Hm. Optimierung der Befähigung zur internetbasierten Kommunikation – das ist fast so gut wie der Einsatz des Waffensystems Powerpoint. Ein Facebook-Auftritt? Würde Zeit.  (Machen andere Streitkräfte schon lange…) Allerdings: Eine Facebook-Präsenz des Arbeitgebers Bundeswehr? Oder deutlicher: nur des Arbeitgebers Bundeswehr, nicht aber der Streitkräfte? Nur für die Nachwuchswerbung?

Dazu passen auch die anderen Ankündigungen:

Im Jahr 2011 sollen für werbliche Maßnahmen im Internet ca. 1,3 Mio. Euro eingesetzt werden. Schwerpunkte sind hierbei Online-Stellenanzeigen (z.B. in Jobbörsen wie stepstone.de, Monster.de, meinestadt.de, Stellenanzeigen.de etc.), Bannerwerbung und Search Engine Marketing (Google Ad words) sowie ein Textlink im MSN Messenger. Ab März 2011 wird die Bundeswehr mit einem umfassenden Arbeitgeberprofil in www.kununu.com vertreten sein.

Alles schön und gut. Aber die Frage bleibt: Will die Bundeswehr über Internet und soziale Netzwerke nur kommunizieren, um Nachwuchs zu werben? Nicht aber für eine gesellschaftliche Debatte über Auftrag und Aufgaben der Streitkräfte? Also nur Werbe-Flyer, elektronisch, die die Möglichkeiten einer Berufslaufbahn als Soldat schildern? Ohne auf die Frage einzugehen, was die Truppe so am Hindukusch macht? Und vielleicht auf Fragen nach dem Sinn solcher Einsätze einzugehen?

Vielleicht verstehe ich das ja falsch. Aber der letzte Satz des Briefes lässt mich vermuten, dass das genau so gemeint ist:

Zur Evaluierung in Bezug auf die Berufswahl relevanter Themen und Meinungen sowie Wertungen über den Arbeitgeber Bundeswehr erfolgt noch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Medienagentur eine Studie zu den verschiedenen sozialen Netzwerken.

Die Medienagentur ist die hier.

Unterm Strich: natürlich soll und muss die Bundeswehr, gerade jetzt mit dem Ende der Wehrpflicht vor Augen, alle Möglichkeiten nutzen, um Nachwuchs zu werben. Internet, soziale Netzwerke und den Dialog mit der Öffentlichkeit auf ein Instrument der Nachwuchsgewinnung zu reduzieren, scheint mir… sagen wir mal ein bisschen kurz gegriffen.