Ich mach mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt

Ich mach mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt, heißt es in dem berühmten Lied von Pippi Langstrumpf. So ähnlich agiert jetzt auch die Bundesregierung, die macht was ihr gefällt: Die Begründung für das neue Mandat zum Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Überwachungsflugzeugen über Afghanistan, das am morgigen Mittwoch vom Bundeskabinett und möglichst schnell vom Parlament beschlossen werden soll, lässt mich irritiert zurück.

Kurze Rückblende: Als im Januar eine ähnliche Entscheidung anstand, billigte Deutschland zwar im NATO-Rat diesen Einsatz der Überwachungsflugzeuge, wollte sich daran aber nicht beteiligen. Die Gründe dafür, wie sie Regierungssprecher Steffen Seibert im Januar in der Bundespressekonferenz erläuterte:

STS SEIBERT: Ich denke, Außenminister Westerwelle hat das neulich sehr deutlich gemacht, indem er gesagt hat: Wir haben unseren Partnern gesagt, dass wir zurzeit den Schwerpunkt auf die Ausbildung setzen. Das fordert uns ausreichend. Das hilft, dazu beizutragen, dass sich die Sicherheitssituation am Boden so entwickelt, wie sie sich entwickeln soll, wenn wir es schaffen wollen, die verschiedenen Etappen der Übergabe der Verantwortung in Verantwortung durchzuführen. Damit war diese Entscheidung der Deutschen auch keine Überraschung für unsere Bündnispartner. Sie ist begründet, und sie ist so begründet worden.

Mit anderen Worten: Die Bundeswehr konzentriert sich auf die Ausbildung der Afghanen, deshalb fliegen wir in den AWACS nicht mit.

Und jetzt ein Blick in die Begründung des Mandatstextes, wie er morgen beschlossen werden soll:

Durch den Einsatz von NATO-AWACS wird die Implementierung der neuen ISAF-Strategie, die aufbauend auf den Konzepten des Partnering und Mentoring eine stärkere Präsenz in der Fläche vorsieht, unterstützt. Vor dem Hintergrund einer andauernd hohen Operationsdichte wird durch den Einsatz von NATO-AWACS das Lagebild für die Operationsführung der ISAF und der afghanischen Sicherheitskräfte verdichtet und die Reaktionszeit zur Unterstützung von Truppen, auch in Gefechtssituationen, durch Luftunterstützungsoperationen sowie Luftrettungsoperationen (MedEvac) erheblich verkürzt sowie die Sicherheit ziviler und militärischer Flugbewegungen rund um die Uhr gewährleistet. Damit unterstützt der Einsatz der NATO-AWACS wirksam den Prozess der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte, ermöglicht diesen, ihre Verantwortung in diesem Prozess wahrzunehmen und dient insbesondere auch dem Schutz unserer eigenen Soldatinnen und Soldaten sowie dem Schutz der afghanischen Bevölkerung.

Also: Vor drei Monaten kein AWACS, weil Partnering und Mentoring Vorrang hat. Jetzt AWACS, weil es beim Partnering und Mentoring hilft.

Ja wenn der Einsatz der NATO-AWACS wirksam den Prozess der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte unterstützt, warum hat man ihn denn dann im Januar abgelehnt? Wollte man damals keine Unterstützung des Übergabeprozesses?

Natürlich war damals von Operationen gegen Libyen noch keine Rede.

(Notiz am Rande: wie vermutet, werden die bis zu 300 Soldaten für den AWACS-Einsatz aus der Reserve genommen.

In Ergänzung zu BT-Drucksache 17/4402 können zur Durchführung und Unterstützung des NATO-AWACS Einsatzes bis zu 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

(…)

Die Obergrenze für die insgesamt im Rahmen des Afghanistan-Einsatzes einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bleibt dabei unverändert bei 5.350. Die Bundesregierung wird deshalb auf die im Antrag der Bundesregierung vom 13.01.2011 (Bundestags-Drucksache 17/4402) zur Fortsetzung des deutschen Beitrags zum ISAF-Einsatz genannte flexible Reserve in einem Umfang nicht mehr zurückgreifen, der dem tatsächlichen Umfang des Personaleinsatzes für NATO-AWACS entspricht.)