Kenias Gerichte sollen Piraten laufen lassen

Eine der Säulen der internationalen Piraterie-Bekämpfung vor Somalia, die Aburteilung gefasster Seeräuber in Kenia, scheint zusammengebrochen: Ein Gericht in der  Hafenstadt Mombasa habe entschieden, berichtet die kenianische Zeitung Daily Nation, dass außerhalb der Hoheitsgewässer des Landes festgenommene Piraten nicht mehr in Kenia vor Gericht gestellt werden dürften. Nachdem das ostafrikanische Land schon das Abkommen mit der EU zur Übernahme der Seeräuber ausgesetzt hatte (und derzeit neu verhandelt), macht die neue Entwicklung die Anti-Piraterie-Operationen am Horn von Afrika noch schwieriger.

Mit der grundsätzlichen Entscheidung wurden zugleich die neun mutmaßlichen Seeräuber auf freien Fuß gesetzt, die im März versucht hatten, den deutschen Frachter Courier zu kapern. Die Piraten waren in einer gemeinsamen Aktion des amerikanischen Zerstörers Monterey (unter dem Kommando der Task Force 151) und der Bundeswehr-Fregatte Rheinland-Pfalz (unter EU-Kommando) gestoppt und anschließend von dem deutschen Kriegsschiff nach Kenia gebracht wurden.

Nach Ansicht des Gerichts, berichtet Daily Nation, seien die Piraten gegen ihren Willen und unter Zwang nach Kenia geschafft worden. Das Strafrecht des Landes erlaube jedoch kein Vorgehen, wenn die vorgeworfene Straftat außerhalb der Landesgrenzen begangen worden sei. Die neun mutmaßlichen Täter seien deshalb freizulassen und nicht der Polizei oder den Einwanderungsbehörden, sondern dem UN-Flüchtlingskommissar zu übergeben.

Wenn diese Entscheidung Bestand hat, wird die Strafverfolgung von Seeräubern vor der Küste Somalias weitgehend zur Farce: Zur Anklage und Aburteilung in Europa, USA oder Asien werden sich die Nationen, die Kriegsschiffe ans Horn von Afrika geschickt haben, nur in den seltensten Fällen bereit erklären. Allein schon deswegen, weil die Europäer in solchen Fällen massenhafte Asylanträge fürchten. Nicht ohne Grund brachte die Rheinland-Pfalz die jetzt freigelassenen Piraten nach Kenia – obwohl sie ein Schiff einer deutschen Reederei angegriffen hatten und von deutschen Soldaten festgesetzt wurden. Nicht zu Unrecht titelt Daily Nation: Court deals blow to piracy war.

Gegen 07:12 Uhr MEZ hat die Fregatte Rheinland-Pfalz F 209 im Golf von Aden einen Notruf des Frachters MV Courier der deutschen Reederei Gebrüder Winter (unter Flagge Antigua und Barbuda) aufgefangen. Dieser meldet, dass er von Piraten mit Panzerfaust und Schusswaffen unter Feuer genommen wird. Um cirka 9.50 Uhr MEZ nähert sich die Fregatte Rheinland-Pfalz dem Handelsschiff auf wenige Meter und führt ein Boarding auf dem Piratenboot durch. Dabei werden Beweismittel gesichert. Neun mutmaßliche Piraten werden anschließend an Bord der Fregatte Rheinland-Pfalz in Gewahrsam genommen. ©Bundeswehr/PizDjibouti via flickr

Nachtrag: Dazu passt genau die Warnung der UN: Piraterie überfordert Justizsysteme der Küstenstaaten und Somali pirates outpace warship coalition