Ups, da fehlt ein Bataillon

Anfang des Jahres schafften es die Deutschen, ihre Verbündeten ein wenig zu verblüffen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker kündigten eine Neuorientierung des militärischen Teils der deutschen Afghanistan-Strategie an. Ein Kernelement dabei: die so genannten Ausbildungs- und Schutzbataillone (ASB), die gemeinsam mit der afghanischen Armee im Partnering den Dreiklang von Ausbildung, Gebiete der Aufständischen nehmen und anschließend die Sicherung dieser Gebiete durch die Afghanen verwirklichen sollen. Im Gedächtnis geblieben ist der Ausspruch des Ministers, dieses Partnering bedeute nun aber nicht, dass deutsche Soldaten mit ihren afghanischen Kameraden Poncho und Isomatte teilen sollten.

KUNDUZ, AFGHANISTAN - MAY 30: A German soldier wears a patch reading 'I fight for Merkel' on his uniform on May 30, 2010 in Kunduz, Afghanistan. Germany has more than 4,500 military forces in Afghanistan as part of the US-led International Security Assistance Force. Amid growing public resentment towards the prolonged mission in Afghanistan, the German parliament, the Bundestag, voted in February for extension of Germany's military mission in Afghanistan and the deployment of additional 859 troops. (Photo by Miguel Villagran/Getty Images)

(Miguel Villagran/Getty Images via picapp)

Diese Ankündigung hatte nicht nur für die Bundeswehr Bedeutung. Denn was Guttenberg und Wieker in Berlin mitteilten, hatte der Generalinspekteur vorher schon seinen Kollegen bei der NATO erzählt. Allerdings war in Berlin und zuvor auch schon in Brüssel davon die Rede, dass es im deutsch befehligten Redionalkommando Nord (RC North) neben den drei deutschen Ausbildungs- und Schutzbataillonen ein drittes geben sollte – gestellt von skandinavischen Staaten, in erster Linie Norwegen. O-Ton Wieker: Ein drittes wird gestellt, und hier folgen die Skandinavier unserem konditionellen Ansatz, durch die Skandinavier im Westen, so dass dann drei Ausbildungs- und Schutzbataillone zur Verfügung stehen, die mit den drei Brigaden des 209. ANA-Korps partnern können.

Leider hatte die Skandinavier und in erster Linie die Norweger niemand vorher davon in Kenntnis gesetzt. Kurz nach dieser Bekanntmachung bekam deshalb der damalige Deutsche Militärische Vertreter bei der NATO, Generalleutnant Jürgen Bornemann, Besuch von seinen skandinavischen Kollegen. Die gerne mal gewusst hätten, wie sich die Deutschen denn das so vorstellen.

Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass es dieses dritte, skandinavische Bataillon bislang nicht gibt. Offiziell bestätigt wurde das am Wochenende beim Vortrag des Befehlshabers des Allied Joint Command Brunssum, des deutschen Generals Egon Ramms, der der ranghöchste deutsche Offizier in der Befehlskette für den ISAF-Einsatz ist. Beim Kongress für Sicherheitspolitik in Minden verwies Ramms darauf, dass die Deutschen ja dieses dritte Bataillon als skandinavischen Beitrag angekündigt hätten: Das vermag ich nicht zu erkennen. Das Bataillon gebe es schlicht nicht.

Mit anderen Worten: Im Norden Afghanistans fehlt mal eben ein (kampfkräftiges) Bataillon. Und von den zwei angekündigten deutschen Ausbildungs- und Schutzbataillonen (welch nettes Wort, wo es doch auch um richtige Kampfeinsätze geht…) ist bislang eines, die Task Force Kundus, einsatzfähig. Das zweite fehlt noch. Aber ohnehin, klagte Ramms, haben ja bislang nur die USA die zugesagten zusätzlichen Soldaten auch in Marsch gesetzt. Von den aus anderen ISAF-Nationen zugesagten Truppen fehlen noch etwa 25 Prozent. Die kämen dann, sagt der General sarkastisch, nach den Wahlen, nach der Kampfperiode in Sommer und Herbst. Oder gar nicht.

(Dem FAZ-Kollegen und -Blogger Stefan Löwenstein ist das und einiges andere auf dem Mindener Kongress auch aufgefallen.)

General Egon Ramms am 11. September 2010 auf dem Kongress in Minden (Foto: christianthiel.net)